Russische Rekruten berichten: „Menschen sterben für nichts“
Die russische Armee musste im Ukraine-Krieg erhebliche Verluste eingesteckt. Deshalb werden nun schlecht ausgebildete und ausgerüstete Rekruten an die Front geschickt.
Donezk – Der Ukraine-Krieg hat sich für beide Parteien längst zur erbarmungslosen Materialschlacht entwickelt. Die russischen Truppen verloren beim Kampf um die Stadt Wuhledar in wenigen Wochen 130 Panzer. In den ersten Kriegswochen gelang es den russischen Truppen wiederum, knapp die Hälfte der ukrainischen Kampfflugzeuge zu zerstören. Doch auch die Verluste unter den Soldatinnen und Soldaten sind immens. Das führt dazu, dass vor allem auf russischer Seite zum Teil Rekruten oder Wehrpflichtige nach nur wenigen Wochen militärischer Ausbildung in die Ukraine geschickt werden.
Ukraine: Russische Rekruten werden „ohne Befehle oder Erklärungen“ ins Kriegsgebiet versetzt
Wie das russische Exil-Portal meduza.io berichtet, soll vor kurzem eine Gruppe von Wehrdienstleistenden aus der Region Belgorod an die Front in der Region Donezk geschickt worden sein. Die russischen Soldaten hätten dort als Teil der Armee der selbsternannten „Volksrepublik Donezk“ gegen ukrainische Streitkräfte kämpfen müssen. Die Rekruten hatten sich in einem Video an die russische Öffentlichkeit gewandt, das am Montag (6. März) über den Telegram-Kanal „Осторожно, новости“ veröffentlicht wurde.
Dort sind etwa 15 Männer in Camouflage-Kleidung zu sehen, die in einem dunklen, kellerartigen Raum befinden. Die Gesichter der Rekruten sind durch Sturmhauben verdeckt. Die Männer erklären, dass sie ursprünglich aus der Region Belgorod an der ukrainischen Grenze stammen. Mittlerweile wurden sie jedoch in die Ukraine geschickt und gezwungen, sich einer „Angriffsbrigade“ der Donezker Armee anzuschließen. Die Versetzung sei „ohne Befehle oder Erklärungen“ durch ihre Vorgesetzten erfolgt. Zuvor waren die Soldaten in der Grenzstadt Shebekino stationiert.

Russische Rekruten berichte in Videobotschaft – müssen ohne Training „Dörfer stürmen“
Nach ihrer Ankunft in Donezk hätten Offizielle der „Volksrepublik Donezk“ den Soldaten ihre Armee-Ausweise abgenommen. Anschließend haben man ihre Brigade dazu angewiesen, Dörfer entlang der Frontlinie „zu stürmen“. Wie die Rekruten bekräftigen: ohne Training, ohne Informationen über ihre Ziele und ohne Kommunikations- oder Navigationsmittel.
Bei den Aktionen soll es in den vergangenen Tagen innerhalb ihrer Brigade bereits zu Verlusten gekommen sein. Die Rekruten betonten in ihrem Video jedoch, dass sie sich grundsätzlich nicht weigern würden, die ihnen gestellten Befehle auszuführen. Allerdings würden sie als Teil der russischen Armee fungieren und nicht in den Streitkräften der „Volksrepublik Donezk“.
„Menschen sterben für nichts“: Immer mehr russische Rekruten erheben ihre Stimme
Berichte wie diese sind in den vergangenen Wochen keine Einzelfälle mehr. Auf Telegram werden diverse Videos von russischen Rekruten veröffentlicht, die sich über schlechte Einsatzbedingungen und unzureichendes Training beschweren. In einem am Dienstag veröffentlichten Video berichten Soldaten aus den Regionen Kaliningrad, Murmansk und Arkhangelsk von ähnlichen Vorfällen.
Auch sie würden nach wenigen Tagen im Kriegsgebiet als Teil von Angriffsgruppen regelrecht aufgerieben werden. Wie die Rekruten berichten, wurden sie von den Vorgesetzten ohne Feuerschutz und ausgerüstet mit Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg auf feindliche Stellungen angesetzt. „Menschen sterben für nichts. Am helllichten Tag auf einem Feld“, sagte einer der Soldaten in dem Video. Die Soldaten seien jedoch nie für derartige Missionen ausgebildet worden.
Am Wochenende kursierten bereits Berichte über die schlechte Ausrüstung von russischen Soldaten im Ukraine-Krieg. So soll diesen unter anderem ein Klappspaten aus sowjetischer Zeit als Angriffswaffe verkauft worden sein. Im Rahmen der russischen Teilmobilisierung im vergangenen Herbst soll die Armee Russlands knapp 300.000 weitere Rekruten mobilisiert haben. (fd)