Russland: Schlechte Zeiten für die Subkultur
In Russland geht die Polizei gegen langhaarige Mitglieder einer Jugendbewegung vor.
Die ukrainischen Sicherheitsbehörden schlagen Alarm. „Russische Mörder haben einen Flashmob für Jugendliche gestartet, der eine Massenschlägerei auslösen sollte“, schreibt der Polizeichef von Charkiw auf Facebook. Nach seinen Angaben nahm die Polizei am Montag im Stadtzentrum eine Gruppe Halbwüchsiger fest, die sich schlagen wollten. Ukrainische Medien machen die russische „TschWK Rjodan“ dafür verantwortlich.
Auch aus Kiew und westukrainischen Großstädten wie Lemberg wurden gewaltträchtige Ansammlungen von Teenagern gemeldet. „Jugendliche aus der Ukraine haben unter dem Einfluss einer Subkultur aus Russland begonnen, Schlägereien anzuzetteln“, titelt das Portal liga.net.
Die Abkürzung „TschWK“ steht für „Private Militärfirma“, ihn trägt auch die russische Söldnertruppe „TschWK Wagner“, die seit Monaten die ostukrainische Stadt Bachmut berennt.
Razzien in Einkaufszentren
In Russland machte die „TschWK Rjodan“ in den vergangenen Tagen noch mehr Schlagzeilen. Am Mittwoch kam es im Moskauer Einkaufszentrum „Awiapark“ zu massenhaften Handgreiflichkeiten zwischen Halbstarken, die karierte Hosen und halblange schwarze Frisuren trugen, letztere gelten als „Rodjaner“. Am Sonntag wurden nach Gewalttätigkeiten im Petersburger Einkaufszentrum „Galereja“ 220 Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren festgenommen. Am selben Tag veranstaltete die Polizei auch in Kaufhäusern anderer Städte Razzien.
Es gibt mehrere Hunderttausend Rjodaner auf Telegram, die ersten Rjodan-Portale im Sozialnetz „VK“ wurden 2015 eröffnet. „Rjodan“ steht für eine Bande in der japanischen Animationsserie „Hunter x Hunter“. Ausgeprägte Fans tragen schwarze Jacken mit dem Gangster-Tattoo auf dem Rücken: einer zwölfbeinigen Spinne und der Zahl 4. Aber das kriegerische Kürzel „TschWK“ habe man sich erst kürzlich zugelegt, ein Witz, heißt es in den Telegram-Chats der Bewegung. Und auf Videos von den Schlägereien in Moskau und Sankt Petersburg ist zu sehen, dass die Rjodaner sich meist wehren, statt selbst über andere herzufallen.
Man propagiere keine Gewalt, keinen Suizid oder Hass gegen andere Völker, verkündet die VK-Seite Rjodan. „Die Gruppe wurde ausschließlich aus Gründen des Humors eingerichtet.“ Ein Aktivist erklärte der „Komsomolskaja Prawda“, die „TschWK Rjodan“ verteidigten lediglich schwächere Brüder mit der gleichen Frisur. Und auf dem Telegramkanal Generation Rjodan heißt es ängstlich: „Die Leute haben angefangen, ihre Klamotten zu verkaufen, wagen sich nicht mehr zu ihren Lieblingsorten wie dem ,Awiapark‘. Kein Wunder, die Gegner sind meist „Offs“, oder „Sportiki“, aggressive Ultras und Kampfsportler, es gibt Videos, auf denen sie Rjodanern die Haare scheren.
Die kremlnahe Aktivistin Jekaterina Misulina aber fordert jetzt, die „depressiv-aggressive“ Bewegung Rjodan zu verbieten. Der Duma-Abgeordnete Wassili Piskarjow mutmaßt, hinter Rjodan könnten Drahtzieher aus „feindseligen Ländern“ stehen. Das russische Ermittlungskomitee fahndet – schlechte Zeiten für junge Fans japanischer Comics.