Kaliningrad: Heimat des russischen Militärs

In der russischen Exklave Kaliningrad ist nukleare Bedrohung eine Alltäglichkeit.
Kaliningrad – Die historische Begründung fällt leicht und war auch bis vor gut zehn Wochen zumindest in Berlin kein Diskussionsthema: Die russische Exklave Kaliningrad zwischen Ostsee, Litauen und Polen ist ein Ergebnis des Zweiten Weltkriegs, hieß mal Königsberg und Ostpreußen, und es 1945 verloren zu haben, haben sich die Deutschen selbst zuzuschreiben.
Ebenso fraglos ist, dass Polen und Litauen nicht erst seit dem 24. Februar 2022 lieber eine deutsche Exklave zwischen sich hätten als die Oblast Kaliningrad (der Name kommt vom formellen Staatsoberhaupt des Stalinreichs von 1923 bis 1946, Michail Iwanowitsch Kalinin, der niemals was mit Preußen zu tun hatte).
Der Widerwille gegen die Präsenz Russlands hängt mit ihrer ziemlich ausschließlichen militärischen Natur zusammen. Die dort ansässigen Russinnen und Russen (die Ostpreußen wurden 1944/45 samt und sonders vertrieben) verweisen zwar gerne auf Universitäten, Museen und Kultureinrichtungen, die sie ihr eigen nennen.
Russlands Nuklearwaffen und Moskaus Baltische Flotte sind in Kaliningrad stationiert
Der Rest der Welt verweist darauf, dass in Kaliningrad Moskaus Baltische Flotte beheimatet ist, drei Basen der Militärfliegerei unterhalten werden, gut eine Viertelmillion Soldaten, fast 1000 Panzer und unzählige taktische und strategische Raketen, die praktisch alle Nuklearsprengköpfe tragen können, stationiert sind (Königsberg zählt etwas mehr als 400 000 Menschen). Solche Atomraketen wurden in Kaliningrad auch getestet.
Das wäre schon beunruhigend genug für Polen und Litauen und Skandinavien und Finnland und die Nato. Aber dann ist da noch der Suwalki-Korridor, die rund 65 Kilometer breite polnisch-litauische Grenzregion zwischen Kaliningrad und Belarus. Der Westen geht bislang davon aus, dass der von Moskau in Tagesfrist erobert werden könnte, das Baltikum dann nach und nach besetzt würde und Kaliningrads Schiffe und Atomraketen Nordwesteuropa in Schach hielten. (Peter Rutkowski)