Ultranationalist will Russland mit „Klub wütender Patrioten“ vor Putin retten

Der Ultranationalist Igor Girkin gilt als einer der schärfsten Kritiker des russischen Präsidenten Putin. Nun will er sein Land vor dem Untergang bewahren.
Moskau - Für Russland läuft der Ukraine-Krieg wesentlich schlechter als erwartet. Das Ziel, Kiew binnen weniger Tage zu erobern, hat Präsident Wladimir Putin spektakulär verfehlt. Fast 15 Monate nach dem Einmarsch der Truppen in einer „speziellen Militäroperation“ bereitet sich Moskau jetzt sogar auf eine ukrainische Gegenoffensive vor.
Die Nationalisten in Russland sind jedenfalls entsetzt. An erster Stelle zu nennen ist dabei der frühere Geheimdienstoffizier Igor Girkin, der unter dem Pseudonym Strelkow 2014 den Aufstand der moskautreuen Separatisten im Osten der Ukraine anführte. Schon seit mehr als einem Jahr übt er scharfe Kritik an der Kriegsführung der russischen Regierung, der er ein ums andere Mal völliges Versagen im Kampf gegen die Ukraine vorwirft.
Igor Girkin gründete im Frühjahr den „Klub wütender Patrioten“ in Russland
Vor wenigen Wochen gründete er schließlich mit weiteren ultranationalistischen Personen den „Klub wütender Patrioten“. In einem Youtube-Video, das inzwischen gelöscht wurde, hielten die Mitglieder damals mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg und kritisierten die korrupte Militärführung und die Elite des Landes. „Ich habe keine Angst zu sagen, dass wir uns auf eine militärische Niederlage zubewegen“, sagte Girkin darin. „Wir sind in einen langwierigen Krieg geraten, auf den unsere Wirtschaft völlig unvorbereitet war.“
Der Klub machte damals laut einer Einschätzung der US-Denkfabrik „Institute for the Study of War“ (ISW) vor allem die „Antikriegsfunktionäre im Kreml“ für die Entwicklung im Ukraine-Krieg verantwortlich. Ihre Mitglieder wollen den russischen Behörden demnach dabei helfen, die „militärische Spezialoperation“ rechtzeitig abzuschließen. Nach Ansicht der Klubmitglieder könnte ein langwieriger Konflikt die Kriegsgegner im Kreml dazu veranlassen, einen Aufstand gegen Putin anzuzetteln. Um einem solchen Putsch entgegenwirken zu können, will der Klub nach ISW-Angaben ein entsprechendes Verteidigungsnetzwerk aufbauen.
Name | Igor Wsewolodowitsch Girkin |
Kampfname | Igor Iwanowitsch Strelkow |
Geboren | 17. Dezember 1970 |
Geburtsort | Moskau |
Ehepartnerin | Miroslava Reginskaya (verh. 2014) |
Kinder | Ivan Girkin |
Organisation | Klub wütender Patrioten |
Girkins „Klub wütender Patrioten“ steigt in Russland in die Politik ein
Inzwischen hat der „Klub wütender Patrioten“ seinen nächsten Schritt unternommen. Aus der sozialen ist eine politische Bewegung geworden. Um Russland zu retten, trete der Klub nun als Oppositionspartei ohne formelle oder informelle Anweisung des Kremls in die Politik ein. Zudem hieß es in einer Mitteilung vom 14. Mai, dass der Klub an einem unbestimmten Datum im Juni eine Pressekonferenz in Moskau abhalten werde, bei der er darüber sprechen werde, wie Russland den Krieg in der Ukraine gewinnen könne.
„In Russland braut sich eine systemische Krise zusammen“, sagte Girkin gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. „Wir stehen an der Schwelle zu sehr schwerwiegenden innenpolitischen Veränderungen mit katastrophalem Charakter.“ Auf die Frage von Reuters, ob er naiv sei zu glauben, er könne eine solche politische Bewegung in Putins Russland ohne die Zustimmung des Kremls ankündigen, sagte Girkin: „Ich hoffe, Sie würden mich nicht als naiven Menschen bezeichnen.“ Es sei klar, dass der Kampf um die „Post-Putin“-Ära innerhalb der russischen Elite bereits begonnen habe.
Eins aber stellte Girkin klar: „Egal wie kritisch ich Putin gegenüber stehe – Putin ist derzeit die einzige legitime Persönlichkeit in der Russischen Föderation.“ Würde Putin von der Macht verdrängt, „würde das den Zusammenbruch Russlands bedeuten“. (cs)