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„Kesselschlacht im Süden“: Ukraine kämpft mit neuen Gerüchten zur Groß-Offensive

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Von: Jens Kiffmeier

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Videos über Panzerbrigade, Aussagen von Generälen: Kiew kann Gerüchte über die Gegenoffensive auf Russland kaum im Zaum halten. Wie lautet die Strategie?

Kiew/Cherson – Wo wird sie stattfinden? Und vor allem: wann? In diesen Tagen mehren sich die Spekulationen über den Start der lang erwarteten Gegenoffensive der Ukraine im Krieg gegen Russland. Trotz der US-Leaks ist die Strategie von Wolodymyr Selenskyj und seinen Generälen eines der streng gehüteten Geheimnisse auf der Welt. Doch es verdichten sich die Hinweise auf einen baldigen Start – dank geleakter Videos und gesprächsbereiten Parlamentariern. Die Führung in Kiew hat bereits große Mühe, die vielen Gerüchte zurückzuweisen.

So erwarten viele Militärbeobachter die Offensive im Ukraine-Krieg im Süden des Landes. Die ukrainische Armee werde aller Voraussicht nach links vom Dnipro-Ufer gegen Russlands Angreifer zuschlagen, verkündete der Vorsitzende des parlamentarischen Ausschusses für nationale Sicherheit, Roman Kostenko, in einer seltenen Offenheit in einem Interview mit Radio Liberty. In der Region Cherson sei ein Gegenangriff auf die Truppen von Präsident Wladimir Putin zwar schwer, aber nicht unmöglich.

Gegenoffensive im Ukraine-Krieg: Kiew pocht auf Geheimhaltung der Strategie

In Kiew stoßen derartige Äußerungen zur Strategie im Ukraine-Krieg auf Unverständnis. Kurz nach der Veröffentlichung des Interviews pfiff die Vize-Verteidigungsministerin Hanna Malyar den Parlamentarier und früheren Militärkommandanten aber zurück. „Es ist falsch, eng über die Gegenoffensive zu sprechen“, teilte sie via Facebook in einer strengen Erklärung mit. Zugleich stellte sie klar, dass es keine einzige Großaktion geben werde. Stattdessen bereite man einen gewaltigen Komplex von Aktionen und Taktiken vor. Es gebe Pläne A, B, C, die alle ineinander greifen würden.

Die Vorbereitungen auf eine Gegenoffensive im Ukraine-Krieg laufen an.
Die Vorbereitungen auf eine Gegenoffensive im Ukraine-Krieg laufen an. © Evgeniy Maloletka/dpa

Seit Wochen wartet der Westen auf die Gegenoffensive der Ukraine. Nachdem sich Russlands Truppen in ihrer Winteroffensive zunehmend erschöpft haben, wird nun mit dem Gegenschlag gerechnet. In der vergangenen Woche hatte es bereits Aufregung gegeben, weil im Rahmen der US-Leaks mögliche Angriffspläne verraten worden sein könnten. Doch die Selenskyj-Regierung hatte stets abgewiegelt und betont, dass durch die veröffentlichten Geheimdokumente die Strategie in keiner Weise gefährdet sei.

Offensive gegen Russlands Armee: Bei Youtube tauchen Videos zum Panzeraufmarsch auf

Doch nun tauchen immer mehr Videos auf Plattformen wie Telegram oder Youtube auf, die die These vom Angriff im Süden des Landes stützen. Einige der Filme zeigen Massen von Soldaten eines Panzerbataillons, das sich auf einem Feld sammelt. Nach Recherchen des Militärexperten Thomas Theiner handelt es sich dabei um die 18. mechanisierte Brigade, die in Deutschland, Großbritannien und Polen an westlichen Kriegsgeräten ausgebildet wurde und die über 90 US-amerikanische M113-Panzer, 28 polnische T-72-Hauptkampfpanzer, sechs M109-Selbstfahrlafetten sowie mehr als 20 FH-70-Artilleriegeschützen aus Estland verfügen soll.

Auch Theiner geht von einer Großoffensive im Süden des Landes aus. „Wir werden eine riesige Kesselschlacht im Süden erleben“, sagte er der Bild. Danach würde dann auch die russische Front im Osten des Landes kollabieren. Der ukrainische Hauptangriff, dessen Speerspitze mit der 18. Brigade jetzt voll einsatzbereit sei, werde sich demnach in der Region Saporischschja abspielen.

Gegenoffensive im Ukraine-Krieg: Bis zu 50.000 Soldaten sollen Front im Süden durchbrechen

Das wahrscheinlichste Szenario wäre dabei, dass Ende des Monats die Artillerieangriffe zunehmen werden und anschließend die Truppen einen Durchbruch versuchen würden. „Abhängig vom Wetter und der Bodenbeschaffenheit, werden 50.000 ukrainische Soldaten an ein paar Kilometern der Front die russischen Linien durchbrechen und anschließend die russischen Truppen von Russland abschneiden.“

Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben nicht. Es ist durchaus auch möglich, dass die Videos mit den Truppenaufmärschen bewusst verbreitet werden – entweder um gezielt falsche Informationen zu verbreiten oder um dem Gegner Angst einzujagen.

Verteidigung statt Angriffskrieg auf die Ukraine: Russland zieht seine Soldaten bereits zurück

Dennoch nimmt Russland die Lage ernst. Nach einer Analyse des Portals Meduza haben Putins Truppen ihre Angriffe auf breiter Front bereits gestoppt. Ausnahme bildet lediglich Bachmut, wo die Wagner-Söldner von Jewgeni Prigoschin weiterhin in der Offensive sind. Auf den anderen Frontabschnitten soll sich Russlands Armee verstärkt auf die Verteidigung vorbereiten. (jkf)

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