Russland im Krieg: Fatale Putin-Nähe? Deutsche Politiker auf Abwegen
Über die Nähe von deutschen Politikern und Wirtschafsbossen in den vergangen Jahren wird heftig gestritten. Hier zeigen wir auf, wer hinter dem Kuschelkurs mit Putin steckt.
Berlin - Der seit über zwei Monaten anhaltende Ukraine-Konflikt wird für immer mehr deutsche Eliten zur Tortur. Viele Politiker und Manager sehen sich mit dem Vorwurf einer falschen Russlandpolitik konfrontiert. Der russische Präsident Wladimir Putin wurde von vielen Politikern und Wirtschaftsbossen falsch eingeschätzt.
Die kolportierten Fehler wurden vor allem während der Regierungszeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gemacht. Die ehemalige Bundeskanzlerin gilt als treibende Kraft innerhalb der Nato, die Mitgliedschaft für die Ukraine nicht zu gewähren. Weder die Invasion in Georgien 2008, die Annexion der Krim, der Krieg im Donbass noch die Bombardierungen in Syrien hatte zu Änderungen der Politik bei diesen Politikerinnen und Wirtschaftsbossen geführt. Auch nach der Vergiftung von Alexej Nawalny glaubten viele, mit Putin weiterhin reden zu können.

Jetzt machen die deutschen Eliten eine deutliche Kehrtwende in ihrer Ost-Politik. So ist die Regierung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) der Trotzhaltung gegenüber ihren Verbündeten gewichen und hat 100 Mrd. Euro zusätzlich für die Bundeswehr bewilligt. Auch sollen jetzt schwere Waffen wie Panzer und Haubitzen an die Ukraine geliefert werden.
Diese Politiker und Wirtschaftsbosse stehen wegen ihrer Russlandpolitik in den vergangenen Jahren in Kritik:
Grünes Licht für Nordstream 2: Angela Merkel (CDU)
Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel war während ihrer 16-jährigen Amtszeit davon ausgegangen, dass der einzig richtige Weg eine Einigung mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sei. Obwohl in dieser Zeit unter anderem Russland die Krim besetzt hat und auch im Donbass wütete, hatte die CDU-Politikerin grünes Licht für das Nord-Stream 2 Projekt gegeben. Momentan lässt sich die ehemalige Bundeskanzlerin nicht mehr vor der Presse blicken.

Wladimir Putins Freund: Gerhard Schröder (SPD)

Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) ist zum Symbolbild für „Putin-Versteher“ geworden. Nach dem Ende seiner Kanzlerschaft folgte er dem Geld nahm er den Posten als Aufsichtsratsvorsitzender bei der Betreibergesellschaft der Pipeline, der späteren Nord Stream AG an. Trotz heftiger Proteste aus Polen und dem Baltikum hatte der damalige Bundeskanzler wenige Monate vor dem Ausscheiden aus seinem Amt das 5,7 Milliarden Euro teure Projekt genehmigt. Der SPD-Politiker hatte den russischen Präsidenten Wladimir Putin sogar als „lupenreiner Demokrat“ bezeichnet.
Trotz heftiger Proteste aus Polen und dem Baltikum wurde das 5,7 Milliarden Euro teure Projekt am 8. September 2005 in Berlin in Anwesenheit von Kanzler Schröder und Präsident Putin besiegelt. Wenige Monate später wird Gerhard Schröder seinen Posten als Aufsichtsratsvorsitzender bei der Betreibergesellschaft der Pipeline, der späteren Nord Stream AG antreten.
Kehrtwende im Ukraine-Krieg: Friedrich Merz (CDU)
Auch der Parteikollege von Merkel und neuer CDU-Vorsitzender Friedrich Merz hatte in der Vergangenheit Fehler in seiner Russlandpolitik gemacht. Erst nachdem der Oppositionelle Alexej Nawalny vergiftet wurde hatte sich bei Merz eine Kehrtwende abgezeichnet. Danach forderte der CDU-Politiker einen zweijährigen Baustopp für die Ostsee-Gaspipeline. Hatte sich Merz am Anfang des russischen Angriffskrieges gegen den Ausschluss Russlands aus dem Swift-Zahlungssystem ausgesprochen, änderte er später seinen Kurs. Anfang Mai besuchte Merz sogar Kiew und traf sich mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.

„Verständnis für Russland“ - Manuela Schwesig (SPD)

Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), wollte unbedingt die Fertigstellung von Nord Stream 2 durchsetzen. Ihre Landesregierung soll den Verein „Deutsch-Russische Partnerschaft“ in diesem Jahr mit 350.000 Euro gefördert haben. Der 2018 gegründete Verein hat das Ziel „Verständnis für Deutschland in Russland ebenso wie das Verständnis für Russland in Deutschland“ zu fördern.
Auch die sog. Klimastiftung wird für Schwesig zu einem Problem. Die Anfang 2021 vom Land gegründete Stiftung wollte die Fertigstellung der Gasleitung unter Umgehung von US-Sanktionen unterstützen. Zuletzt wurde bekannt, dass die Nord Stream 2 AG mit dem russischen Staatskonzern Gazprom als Mehrheitseigner direkt an den Vorbereitungen für die Stiftung beteiligt gewesen sein soll. Auch hier wurde offensichtlich Lobbyarbeit für Russland betrieben.
Matthias Platzeck (SPD) überdenkt Einschätzung von Russland und Putin

Der ehemalige Ministerpräsident von Brandenburg, Matthias Platzdeck (SPD), war stets ein Verfechter guter deutsch-russischer Beziehungen. Platzeck leitete seit 2014 das Deutsch-Russische Forum, dass sich für einen Dialog mit Russland einsetzte. Platzeck rief dazu auf, den Dialog mit Russland nicht zu beenden und das Volk nicht mit seinem Präsidenten gleichzusetzen. Nach der Invasion Russlands in die Ukraine kam auch bei dem SPD-Politiker die Kehrtwende. Er gab seinen Posten als ehrenamtlicher Chef der Deutsch-Russischen Forums ab. Er habe sich geirrt, gab der gebürtige Potsdamer in seiner Begründung an. Platzeck habe es nicht für möglich gehalten, dass Putin sein Nachbarland überfalle.
Treiber der Russland-Politik: Joe Kaeser (Siemens)

Auch der ehemalige Chef des Technologiekonzerns Siemens, Joe Kaeser, gilt als treibende Kraft hinter der Russlandpolitik der ehemaligen Bundesregierung. In seiner Zeit als Vorstandsvorsitzender (2013 bis 2021) warb Kaeser unermüdlich für Geschäfte mit Russland. 2014 besuchte Kaeser den russischen Präsidenten in Moskau. Das Einverleiben der Krim durch Russland hatte den Top-Manager von Siemens nicht gestört.
Keine Geschäfte mehr in Russland: Wolfgang Reitzle (Linde)

In den vergangen 20 Jahren hatte der Chef des Industriegas-Riesen Linde, Wolfgang Reitzle, immer mehr Geschäfte in Russland betrieben. Der Dax-Konzern hatte im November 2021 von Gazprom zwei Mega-Aufträge bekommen - im Wert von rund sechs Milliarden Dollar. Nach dem Überfall auf die Ukraine kündigte Linde an, die Aquise von Aufträgen in dem Riesenreich einzustellen. Auch dürften die Neugeschäfte ins Wanken geraten. (Erkan Pehlivan)