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Wie Russlands geheime Schmugglerflotte das Öl-Embargo umgeht

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Von: Nadja Austel

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Ukraine-Krieg: Öltanker vor der russischen Hafenstadt Noworossijsk
Russlands Schattenflotte: Öltanker vor der russischen Hafenstadt Noworossijsk. (Archivbild) © Vitaly Timkiv/Imago

Russisches Öl findet immer noch seinen Weg zu Abnehmern in aller Welt. Doch wer die „Schattenflotte“ von etwa 600 Schiffen fährt, bleibt ein Rätsel.

Moskau – Mit der Verschärfung der westlichen Sanktionen gegen Russland wegen seines Angriffskrieges auf die Ukraine ist die bestehende Flotte geheimnisvoller Tanker noch einmal gewachsen. Die Schiffe dieser „Schattenflotte“ sind auch weiterhin bereit, Russlands Öl zu exportieren. Branchenkenner schätzen ihre Größe auf etwa 600 Schiffe, was etwa 10 Prozent der weltweiten großen Tanker ausmache. Und die Zahlen steigen laut einem Bericht von CNN weiter an. 

Trotz dieser enormen Zahl haben allerdings selbst Beobachter der russischen Ölexporte Schwierigkeiten herauszufinden, wer genau es transportiert. Wer die Schiffe besitzt und betreibt, bleibt ein Rätsel, berichtet CNN. Als der Handel mit russischem Öl im vergangenen Jahr immer komplizierter wurde, zogen sich demnach viele der westlichen Verlader zurück. Neue Akteure traten auf den Plan, wobei in einigen Fällen Strohfirmen in Dubai oder Hongkong beteiligt sein sollen. 

Russland: Dem Öl werden Wege in alle Welt gebahnt

Laut Bericht von CNN seien teilweise europäische Boote dazu angekauft worden – doch teilweise auch alte, knarrende Schiffe, die sonst möglicherweise auf dem Schrottplatz gelandet wären. Die im Verborgenen operierende Flotte kooperiere in einem undurchsichtigen Netzwerk.

Und sie habe mit den Sanktionen an Bedeutung gewonnen, da Moskau die Zusammenarbeit mit westlichen Verladern vermeidet. Matthew Wright, leitender Frachtanalyst bei Kpler, sagte gegenüber CNN, die Schiffe würden ihre Aktivitäten verschleiern, indem sie ihre Ortungs-Transponder ausschalten. Die Wege des russischen Öls sind dadurch kaum nachvollziehbar.

Russlands „Schattenflotte“: Öl-Absatz in Asien statt Europa

Die Ausweitung der „Schattenflotte“ verdeutlicht die dramatischen Veränderungen, die Russlands Ukraine-Krieg auf dem globalen Ölmarkt nach sich zieht. Im Bemühen, den Betrieb aufrechtzuerhalten, hat der zweitgrößte Erdölexporteur der Welt jahrzehntelang genutzte Handelsmuster umgestaltet und das weltweite Energiesystem gespalten:

„Es gibt die Flotte, die keine russischen Geschäfte macht, und dann gibt es die Flotte, die fast ausschließlich russische Geschäfte macht“, sagte Richard Matthews, Leiter der Forschungsabteilung beim Schiffsmakler EA Gibson, gegenüber CNN. Während sich Europa von russischer Energie entwöhnt hat, wurden in Asien Geschäfte gemacht. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur hat China seine Einfuhren von russischem Öl von 2021 auf 2022 um durchschnittlich 19 Prozent erhöht. Die Käufe aus Indien verzeichneten sogar einen Anstieg um 800 Prozent.

Russisches Öl: Altersschwache Frachter transportieren das schwarze Gold

Nach Angaben des Daten- und Analyseunternehmens Kpler erreichten die russischen Ölexporte nach China und Indien ihre Rekordwerte, nachdem das europäische Verbot für russisches Öl auf dem Seeweg in Kraft getreten war. Um dieser Nachfrage nachzukommen, werden Schiffe für lange Seewege benötigt. Russlands eigene, nationale Flotte verfügt nicht über genügend solcher Schiffe, so CNN. An dieser Stelle komme die geheimnisvolle „Schattenflotte“ ins Spiel. 

Doch auch die Sicherheit gibt Anlass zur Sorge. Es wird vermutet, dass ein Teil der Flotte aus Schiffen besteht, die älter als 15 Jahre sind – dem Alter, in dem die großen Ölgesellschaften sie normalerweise aufgrund von Verschleiß aus dem Verkehr ziehen. Jetzt sollen immer mehr dieser Tanker auf der ganzen Welt unterwegs sein.

Öl-Transporte: Russlands Schiffe stellen Umwelt-Risiko dar

„Sie haben all diese alten Schiffe, die wahrscheinlich nicht so gewartet werden, wie sie es sollten“, sagt Forschungsleiter Matthews dazu. „Die Wahrscheinlichkeit eines größeren Lecks oder Unfalls steigt mit dem Wachstum der Flotte von Tag zu Tag“.

Auch Energieexperte Adnan Vatansever sieht darin eine realistische Gefahr für die Umwelt. Gegenüber dem Spiegel sprach er von 100 gebrauchten Tankschiffen, die Russland zur Umgehung der Sanktionen für seine „Schattenflotte“ ankaufe. „Die meisten dieser Schiffe sind ziemlich alt“, sagte Vatansever. Das Unfallrisiko sei hoch. Er bezweifle zudem, dass russische Schiffsversicherer den Zustand der Schiffe genau prüfen würden. (na/afp)

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