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Mali setzt voll auf den Kreml

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Von: Johannes Dieterich

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Moskaus Unterstützung für die Putschisten in Mali war ursächlich dafür, die Ziele der UN-Mission Minusma in dem afrikanischen Land auszuhebeln.

Bamako – Kein afrikanischer Staat unterhält engere Beziehungen zu Russland als Mali. Schon dessen erster Präsident, Modibo Keïta, hatte unmittelbar nach der Unabhängigkeit im Jahr 1960, seiner sozialistischen Überzeugung folgend, enge Beziehungen zu Moskau aufgenommen: Tausende von Studenten und Offiziersanwärtern wurden zur Ausbildung in die Sowjetunion geschickt.

Darunter auch Dschibril Maiga, der heute im Zentrum der malischen Hauptstadt Bamako eine Arztpraxis betreibt. Der 58-jährige Internist absolvierte sein Studium im sowjetischen Stavropol und liebt seitdem alles Russische: Jüngst sammelte er mehr als acht Millionen Unterschriften, um der malischen Militärregierung bei ihrer Abwendung von Frankreich und Zuwendung zu Russland den Rücken zu stärken. Der „natürliche Verbündete“ seines Heimatlandes sei nicht Frankreich, sondern Russland, sagt Maiga: Die Franzosen seien „Parasiten“ und „faul“, die Russen dagegen „fleißig und klug“.

Assimi Goïta putschte sich in Mali an die Macht und setzt auf Söldner der russischen Wagner-Truppe

Putschistenführer Assimi Goïta hatte die Schützenhilfe des russophilen Arztes gar nicht nötig: Er hatte längst die Drähte des malischen Militärs nach Moskau in Anspruch genommen, um dort die Unterstützung zu erbitten, die weder der Westen noch Malis Nachbarstaaten Goïta nach dessen zweitem Staatsstreich noch zukommen lassen wollte.

Bis heute hat sich der Putschist auf keinen Wahltermin festgelegt. Stattdessen holte er rund 1000 Söldner der russischen Wagner-Truppe ins Land, die sich seitdem mit äußerster Brutalität am Krieg gegen islamistische Extremisten beteiligen. Seit der Ankunft der gefürchteten Truppe Anfang dieses Jahres sei es in Mali zu 320 dokumentierten Übergriffen der Sicherheitskräfte auf die Zivilbevölkerung gekommen, teilte die dortige UN-Mission Minusma jüngst mit: Der bisher blutigste Vorfall ereignete sich Ende März im Städtchen Moura, wo malische Soldaten und Wagner-Söldner rund 300 Zivilisten ermordeten.

Unklar, was geschiet, wenn Bundeswehr in Mali auf russische Söldner trifft

Die von Malis Regierung noch immer geleugnete Anwesenheit der russischen Kämpfer stellt auch das rund 1000-köpfige Bundeswehrkontingent der UN-Mission vor ein Dilemma: Weil die französische Barkhane-Mission derzeit aus Mali in den Nachbarstaat Niger umzieht, werden die verbliebenen Blauhelmtruppen ab August noch verwundbarer als zuvor sein. Schon jetzt ist Minusma die gefährlichste Mission in der Geschichte der Vereinten Nationen. Seit ihrem Beginn vor neun Jahren kamen bereits 172 Blauhelme ums Leben. Bisher konnten die Franzosen mit ihren Kampfhubschraubern auf Angriffe der Extremisten schnell reagieren, übten die Kontrolle über den Flugplatz in Gao aus und unterhielten dort auch ein gut ausgestattetes Lazarett. Das alles ist spätestens im August vorbei.

Die Bundesregierung beschloss Mitte Mai eine Verlängerung der deutschen Beteiligung an Minusma und kündigte gleichzeitig eine Verstärkung des Bundeswehrkontingents an. Ob dies das „Sicherheitsvakuum“ füllen wird, von dem selbst UN-Generalsekretär António Guterres sprach, steht noch nicht fest – genauso wenig wie die Reaktion der deutschen Soldaten im Fall einer ersten Begegnung mit den russischen Söldnern. Bislang sei es noch zu keinem „Kontakt“ gekommen, heißt es aus dem Bundeswehrquartier in Gao. Dass es früher oder später dazu kommen wird, ist allerdings nicht auszuschließen. (Johannes Dieterich)

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