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Gefängnis fürs Blumen-Ablegen: Russland weckt Erinnerungen an „sowjetische Massenverhaftungen“

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Von: Leoni Billina

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OMON-Einheiten im März beim Einsatz gegen eine Anti-Kriegs-Demo in Moskau.
OMON-Einheiten im März 2022 beim Einsatz gegen eine Anti-Kriegs-Demo in Moskau. © IMAGO/Sergei Savostyanov

Wer sich in Russland gegen den Krieg äußert, dem drohen harte Gefängnisstrafen. Die Repressionen erinnern an „Massenverhaftungen zur Zeit der Sowjetunion“, sagt eine Aktivistin.

Moskau – Ein Jahr ist es her, dass Russland in die Ukraine einmarschiert ist – und auch im eigenen Land führt Präsident Wladimir Putin einen Krieg. Gegen diejenigen, die es wagen, sich gegen den Krieg oder das Regime zu äußern. Wie das belarussische Nachrichtenportal Nexta auf Twitter berichtet, gab es zuletzt es unzählige Verhaftungen von Menschen, die Mahnwachen gegen den Krieg halten oder auch nur Blumen für die Opfer der russischen Invasion niederlegten.

Gesetze machen Kritiker in Russland mundtot

Kreml-Chef Putin hat eine schnelle und wirksame Waffe, um Kritiker mundtot zu machen. So wie Oleg Kaschinzew: Wie USA Today berichtet, erwarten den pensionierten russischen Polizeibeamten womöglich acht Jahre im Gefängnis – weil er „Fake News“ verbreitet habe, so der Vorwurf der russischen Behörden.

Kurz nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine hat Wladimir Putin ein Gesetz unterzeichnet, das die Verbreitung von Fake-News strafbar macht. Als derartige Falschnachrichten gelten alle Informationen über den Krieg, die nicht denen des Verteidigungsministeriums entsprechen.

Ukraine-Krieg: Menschen werden verhaftet, wenn sie für die Opfer in der Ukraine Blumen niederlegen

Russen, die sich gegen den Ukraine-Krieg aussprechen, müssen damit rechnen, eingesperrt zu werden, es drohen bis zu 15 Jahre Haft. Menschenrechtsaktivisten in Russland sind alarmiert. „Menschen werden wegen Posts in den sozialen Medien inhaftiert oder sogar, weil sie den Opfern der Bombenangriffe in der Ukraine Blumen bringen“, sagt die Aktivistin Swetlana Gannuschkina USA Today. „Diese politischen Repressionen erinnern uns an die Massenverhaftungen zu Zeiten der Sowjetunion.“

Verhaftet wurde zum Beispiel die Journalistin Maria Ponomarenko: Sie hatte sich kritisch über den Angriff Russlands auf die Ukraine geäußert. Ponomarenko wurde zu sechs Jahren Haft verurteilt, wie Amnesty International berichtet. In ihrer Verteidigungsrede vor Gericht fand sie scharfe Worte für den Kreml: „Kein totalitäres Regime war jemals so stark wie vor seinem Zusammenbruch.“

Kreml-Kritiker: Hunderte Russen zu Gefängnisstrafen verurteilt

Laut „Political Prisoners Support“, einer unabhängigen Organisation, die den Umgang des Kreml mit Kritikern beobachtet, wurden mehr als 6.000 Russen wegen Verstößen gegen Verwaltungsvorschriften angeklagt und 520 Russen zu Gefängnisstrafen verurteilt. „Das ist das erste Mal, dass Menschen allein wegen ihrer negativen Meinung strafrechtlich verfolgt werden“, sagte der Leiter der Organisation, Sergei Davides.

Es gebe keine unabhängige Justiz, die Umsetzung der neuen Gesetze stelle sicher, dass die einzig akzeptierte Meinung über den Krieg die des Verteidigungsministeriums ist, sagt Davides.

Russische Putin-Kritiker protestieren weiter - Trotz drohender Strafen

Putin-Kritiker Michail Chodorkowski bei der Sicherheitskonferenz in München
Putin-Kritiker Michail Chodorkowski bei der Sicherheitskonferenz in München © IMAGO/Marc Mueller/Msc/Munich Security

Trotz der drohenden Strafen haben viele Russen nicht aufgehört, gegen den Krieg zu protestieren. Kreml-Kritiker Michail Chodorkowski hatte kürzlich die Sicherheitskonferenz besucht, mit ihm in München waren Anastasia Schewtschenko und Anastasia Burakowa. Die beiden Frauen mussten Russland verlassen, um nicht inhaftiert zu werden.

Sie stünden in stetigem Kontakt mit Menschen in Russland, die mutig genug seien, ihre Position zu verteidigen, sagte Chodorkowski im Interview mit Merkur.de von IPPEN.MEDIA. „Wir haben gerade erst diskutiert, wie groß der Anteil solcher mutigen Menschen an der russischen Bevölkerung ist. Wir denken, es geht um 15 bis 20 Prozent“, so der Kreml-Kritiker. (Leoni Billina)

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