Rudy Giuliani und One America News wegen falscher Betrugsvorwürfe verklagt

Zwei Wahlhelferinnen, die ins Zentrum von falschen Betrugsanschuldigungen geraten waren, verklagen Donald Trumps ehemaligen Anwalt Rudy Giuliani und den TV-Sender OAN.
Washington D.C. – Wandrea „Shaye“ Moss und ihre Mutter Ruby Freeman haben genug. Die Wählerregistrierungsbeauftragte im Kreis Fulton County und ihre 2020 als Zeitarbeitskraft angestellte Mutter waren ins Zentrum einer Kampagne geraten, die Rudy Giuliani maßgeblich ins Rollen gebracht hatte und die der rechte TV-Sender One America News (OAN) maßgeblich verbreitet hatte.
Der ehemalige Anwalt des im November 2020 abgewählten Präsidenten Donald Trump hatte behauptet, dass Moss und Freeman Stapel illegaler Stimmzettel produziert und sie durch Wahlmaschinen laufen gelassen hatten, um dem damaligen Kandidaten Joe Biden beim Sieg über Trump zu helfen. OAN sprang auf den Zug auf und stellte die völlig unbelegte Behauptung als Fakt dar. Bis heute liegen keine Hinweise darauf vor, dass die US-Wahlen manipuliert wurden. Das gilt auch für Fultom County im Staate Georgia.
Trumps Kampagne, führend gesteuert von Guiliani, hatte den Kreis besonders ins Auge gefasst und über Monate versucht, die starke Zustimmung für den Demokraten Joe Biden dort als Ergebnis einer breitflächigen Manipulation darzustellen. Dass selbst die republikanisch dominierte Wahlleitung mehrfach betont hatte, dass kein Wahlbetrug vorliegt, bremste weder Giuliani noch Trump in deren Furor. Und OAN nicht in seiner Berichterstattung, die auf falscher Tatsachenbehauptungen und Verschwörungstheorien basierte.
Klage von Wahlhelferinnen richtet sich gegen Rudy Giuliani und rechten TV-Sender OAN
Die Moss-Freeman-Klage richtet sich folglich gegen das Herring Networks mit Sitz in San Diego, Besitzer und Betreiber des TV-Netzwerks One America News sowie gegen den CEO des Senders, Robert Herring, Präsident Charles Herring und die Reporterin Chanel Rion. Und eben gegen Rudy Giuliani, dessen falsche Manipulationsvorwürfe dem ehemals hoch angesehenen Juristen eine Wohnungsdurchsuchung und die vorläufige Aberkennung seiner Anwaltslizenz eingebracht hatte.
In einem kurzen Interview sagte OAN-Chef Robert Herring Sr. der Nachrichtenagentur Reuters, er sei nicht besorgt über die Klage. Schließlich habe sein Netzwerk nichts falsch gemacht. „Ich weiß alles darüber und ich lache“, sagte er über die Klage. „Ich lache über die vier oder fünf anderen, die mich verklagen. Irgendwann wird es auf sie selbst zurückfallen.“
Die Verleumdungsklage ist die zweite von Moss und Freeman angestoßene in diesem Monat. Zuvor hatten die beiden bereits Gateway Pundit verklagt. Die unbegründeten Berichte der rechtsextremen Website hätten monatelang zu Morddrohungen und Belästigungen gegen beide geführt. Neben der Entfernung der Berichte über Freeman und Moss von den Websites von OAN und anderen Medienkanälen fordert die Klage Schadensersatz und eine Bestrafung.
Donald Trump nannte Wahlhelferin Freeman in Telefonat 18 Mal
Republikaner Trump und sein Team hatten im November 2020 ein Überwachungsvideo der Stimmenauszählung in der State Farm Arena genutzt, um Freeman und Moss fälschlicherweise vorzuwerfen, spät in der Nacht des 3. November „Koffer“ voller falscher Stimmzettel für Biden verarbeitet zu haben. Zu einem Zeitpunkt, als die meisten Wahlhelfe:innen und Wahlbeobachter:innen bereits Feierabend gemacht hatten.
Laut des Textes der Klage „förderte Giuliani die Verbreitung des Videos, indem er es in sozialen Medien veröffentlichte“, während „OAN, seine Gastgeber und seine Mitarbeiter“ Giulianis Behauptungen aufgriffen und vor „Millionen seiner Zuschauer und Leser veröffentlichten“. Für die Wahl zuständige Staatsbedienstete, darunter der republikanische Secretary of State Brad Raffensperger, wiesen die Vorwürfe schnell und energisch zurück. Sie erklärten, dass es sich bei den „Koffern“ um normale Wahlurnen handelte und die Stimmen unter der Aufsicht eines unabhängigen Beobachters und eines staatlichen Ermittlers ordnungsgemäß ausgezählt wurden.
Giuliani hat fälschlicherweise behauptet, das Videomaterial zeige die beiden Frauen, wie sie sich an „heimlichen illegalen Aktivitäten“ beteiligen und sich verdächtig verhalten. Wörtlich verglich Trumps damaliger Anwalt sie mit Drogendealern, die „Dope verteilen“. Anfang Januar nannte Trump selbst Freeman 18 Mal namentlich in einem Telefonat, in dem er die Beamten von Georgia drängte, die Ergebnisse des Staates zu ändern. Er beschrieb Freeman als „bekannte politische Agentin“, welche „die Wahlurnen vollgestopft“ habe. (Mirko Schmid)