Lebenslauf erfunden: Demokraten fordern Rücktritt von Republikaner George Santos

Der republikanische Abgeordnete George Santos hat über weite Teile seines Lebenslaufs gelogen – und gibt dies inzwischen zu. Den Demokraten ist das nicht genug.
New York City/Washington, D.C. – Geschönte Lebensläufe kommen bei Politiker:innen mitunter vor. Doch was sich ein frisch gewählter Abgeordneter der Republikaner in den USA geleistet hat, stellt bisherige Halbwahrheiten in den Schatten. George Santos (34) hat bei den Midterm-Wahlen ein Mandat gewonnen und will ab Januar Teile der New Yorker Stadtbezirke Long Island und Queens im Repräsentantenhaus vertreten. Er hat inzwischen zugegeben, seinen Lebenslauf „ausgeschmückt“ zu haben. Das ist weit untertrieben – tatsächlich scheint der Mann viele entscheidende Angaben frei erfunden zu haben.
Santos hätte ein Aushängeschild der Republikaner werden können, denn der Sohn brasilianischer Eltern, die in die USA eingewandert sind, ist der erste offen schwule Republikaner, der als Nicht-Amtsinhaber ein Abgeordnetenmandat gewinnen konnte. Auch hat der Sympathisant von Ex-US-Präsident Donald Trump den Sitz einem Demokraten abgenommen und so zu dem knappen Midterm-Sieg der Republikaner im Repräsentantenhaus beigetragen. Doch dann kamen die Enthüllungen der New York Times über George Santos’ Lebenslauf – und brachten den Wahlsieger in Erklärungsnot.
George Santos nimmt es mit der Wahrheit im Lebenslauf nicht so genau
Die US-Zeitung hat unter anderem folgende Unwahrheiten und Auffälligkeiten aufgedeckt:
- Entgegen seiner Angaben hat Santos nie für die Finanzkonzerne Citigroup und Goldman Sachs gearbeitet.
- Er hat weder einen Abschluss am New Yorker Baruch College noch an einer anderen Hochschule.
- Angeblich habe sein nicht näher bezeichnetes Unternehmen „vier Angestellte“ bei dem tödlichen, homofeindlichen Schusswaffen-Massaker in Orlando, Florida verloren. Dies scheint nicht zu stimmen.
- Seine angeblich gemeinnützige Tierschutz-Organisation „Friends of Pets United“ war nie entsprechend eintragen und hat eingenommene Spenden nicht weitergeleitet.
- Auf Santos’ Wahlkampf-Website stand, „Georges Großeltern flohen vor der Judenverfolgung in der Ukraine, ließen sich in Belgien nieder und flohen erneut vor der Verfolgung während des Zweiten Weltkriegs.“ Doch die Eltern seiner Mutter sind in Brasilien geboren und Santos ist lediglich katholisch und nicht auch jüdisch, wie er behauptete.
- In New York kam es zu mindestens zwei Gerichtsverfahren wegen Mietrückständen gegen Santos.
- In Brasilien läuft ein Strafverfahren gegen ihn wegen Scheckbetrugs. Er hatte mit 19 das Scheckbuch eines Mannes gestohlen und damit rechtswidrig Sachen gekauft, unter anderem ein Paar Schuhe.
- Die finanzielle Situation von George Santos ist undurchsichtig.
In einem Interview mit dem rechten Boulevardblatt New York Post sagte Santos: „Meine Sünden sind, dass ich meinen Lebenslauf geschönt habe. Es tut mir leid.“ Weiter sagte er: „Ich habe mich im Wahlkampf mit den Sorgen der Menschen auseinandersetzt, nicht mit meinem Lebenslauf. Ich beabsichtige, die Versprechen einzulösen, die ich im Wahlkampf gemacht habe.“ Inzwischen gab der Hochstapler zu: „Ich habe keinen Hochschulabschluss erworben. Es ist mir peinlich und es tut mir leid, dass ich meinen Lebenslauf ausgeschmückt habe.“ „Ich stehe dazu. Wir machen dumme Dinge im Leben“, fügte er hinzu.
Demokraten fordern Vorgehen gegen George Santos
Inzwischen fordern demokratische Abgeordnete Konsequenzen für George Santos’ Lügen und Schritte vonseiten der republikanischen Fraktionsführung. Er habe die Wähler:innen seines Wahlkreises betrogen und solle des Repräsentantenhauses verwiesen werden. Nach dem Bericht der New York Times haben die Demokraten eine Untersuchung der Ethikkommission gefordert. Die New Yorker Generalstaatsanwaltschaft teilte mit, man „untersuche eine Reihe von Sachverhalten“ hinsichtlich Santos.
Der gewählte Abgeordnete hingegen gibt sich trotzig, was seine Zukunft betrifft – in einem Interview mit dem New Yorker WABC-Radio sagte er: „Ich werde vereidigt. Ich werde mein Amt antreten.“ (Johanna Soll)