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Religionen auf Frankreichs Lehrplan

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Von: Axel Veiel

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Frankreichs Erziehungsministerin Najat Vallaud-Belkacem  setzt „Staatsbürgerkunde“ auf den Lehrplan der Schulen.
Frankreichs Erziehungsministerin Najat Vallaud-Belkacem setzt „Staatsbürgerkunde“ auf den Lehrplan der Schulen. © afp

Die Terroranschläge in Paris nehmen Einfluss auf auf Frankreichs Bildungssystem: In dem strikt weltlich ausgerichteten Land kommen nun die Weltreligionen auf den Lehrplan.

Die Schockwellen der Pariser Terroranschläge haben Frankreichs Schulen erreicht: In dem strikt weltlich ausgerichteten Land kommen die Weltreligionen auf den Lehrplan. Wie Frankreichs Erziehungsministerin Najat Vallaud-Belkacem am Donnerstag in Paris sagte, gibt es vom nächsten Schuljahr „Staatsbürgerkunde“. Ziel des von der ersten Grundschulklasse bis zum letzten Gymnasialjahr gelehrten Prüfungsfachs sollen Frankreichs weltliches Staatsverständnis und das gleichberechtigte Nebeneinander der zur Privatsphäre gehörenden Religionen sein.

Staatschef François Hollande hatte am Vortag bereits die Richtung gewiesen: „Dass die Religionen an der weltlich ausgerichteten Schule keinen Platz haben, heißt nicht, dass die Schüler keinen weltlich ausgerichteten Unterricht über religiöse Fakten haben sollen.“ Und weiter: „Es heißt auch nicht, dass man die Religionen und irgendwelche religiösen Konflikte dem Vergessen überantwortet.“

Erziehung zu Toleranz und religiösem Pluralismus von Kindesbeinen an, darum geht es Frankreichs Regierung. Und natürlich geht es auch darum, nach den Terroranschlägen den Einfluss islamistischer Fanatiker einzudämmen, die mit Verweis auf die Religion zur Gewalt aufrufen.

Hintergrund ist, was der frühere Erziehungsminister Luc Ferry am Donnerstag „die Fakten“ genannt hat: Der Ex-Minister zählt zu ihnen, dass Schüler in von hohem Einwanderungsanteil geprägten Vorstädten des Landes zu Dutzenden den Unterricht verließen, als der Lehrer zu einer Schweigeminute für die Opfer der Anschläge aufrief, oder dass in sozialen Netzwerken der die Nation einende Slogan „Ich bin Charlie“ in der Variante „Ich bin Kouachi“ zu einer Huldigung an die Terroristen Chérif und Said Kouachi verkommen ist. Für Philippe Tournier, den Generalsekretär des Verbands der Schulleiter, geht es darum, zu verhindern, dass sich „ein Teil der Jugend vom französischen Staat lossagt“.

Nach den Worten der Erziehungsministerin sollen „bis Juli die ersten 1000 Fachkräfte eine zweitägige Fortbildung zum Thema Weltlichkeit, Moral und Bürgersinn“ absolvieren. Neben „religiösen Fakten“ soll auch der kritische Umgang mit den Medien auf dem Lehrplan stehen. Ziel ist es, die Kritikfähigkeit des Schülers zu schärfen, der lernen soll, sich eine eigene Meinung zu bilden und nicht alles, was ihm zumal im Internet zu Glaubensfragen gereicht wird, für bare Münze zu nehmen.

Vallaud-Belkacem geht davon aus, dass sich die einmal wöchentlich erteilte Staatsbürgerkunde im Lauf eines Schülerlebens auf rund 300 Unterrichtsstunden addiert. Jährlicher Höhepunkt soll der 9. Dezember sein, der Jahrestag des 1905 in Kraft getretenen Gesetzes zur Trennung von Staat und Kirche. „Tag der Weltlichkeit“ soll er künftig heißen.

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