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Rechte Hardliner für die Ausschussspitze

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Von: Kordula Doerfler

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Peter Boehringer, Euro- und Islamgegner, soll nach dem Willen der AfD den Haushaltsausschuss leiten.
Peter Boehringer, Euro- und Islamgegner, soll nach dem Willen der AfD den Haushaltsausschuss leiten. © Michael Kappeler (dpa)

Die AfD schlägt einen Verschwörungstheoretiker, einen Höcke-Gefolgsmann und einen Gewalttäter als Vorsitzende vor.

In drei Ausschüssen des Deutschen Bundestags wird die neu eingezogene Alternative für Deutschland den Vorsitz übernehmen, und sie hat die Kandidaten bereits bekannt gegeben. Den mächtigen Haushaltsausschuss soll Peter Boehringer leiten, den ebenfalls einflussreichen Rechtsausschuss Stephan Brandner und den für Tourismus Sebastian Münzenmaier. Es fällt auf, dass alle drei zum rechten Flügel der AfD gehören, der bisher bei der Vergabe wichtiger Posten in der Fraktion kaum zum Zuge kam. Im Amt sind sie mit der Nominierung noch nicht, die anderen Fraktionen können Widerspruch einlegen. Bisher hat nur die Linke explizit Bedenken gegen Boehringer geäußert und angekündigt, dass sie ihn nicht unterstützen wird. Union und SPD wollen sich noch beraten, wie sie mit den Kandidaturen umgehen.

Boehringer hängt Verschwörungstheorien an

Boehringer, der über die bayerische Landesliste gewählt wurde, wird zwar dem  wirtschaftsliberalen Flügel zugerechnet, vertritt aber auch sehr rechte Positionen.  Seine Karriere ist auf den ersten Blick eine durch und durch bürgerliche. Boehringer kommt aus Schwaben, er ist Absolvent der renommierten European Business School, ein dezidierter Eurokritiker, der seit Jahren zu geldpolitischen Themen publiziert. (Der Vermögensberater ist auch Mitglied der elitären Hayek-Gesellschaft und Vorstand der Desiderius Erasmus-Stiftung, die gerne zur parteinahen Stiftung der AfD werden würde.)

Boehringer hängt aber auch Verschwörungstheorien an, so wettert er gern gegen den Bankenmonopolkapitalismus. Seine besondere Leidenschaft gilt dem Gold, er begründete die  Initiative „Holt unser Gold heim“ und schrieb ein gleichnamiges Buch.  Boehringer verfasst auch  regelmäßig Blogs, in denen sein Weltbild deutlich wird. In einem Beitrag unter dem Titel „J’accuse“ – eine Anspielung auf Emile Zola - aus dem Jahr 2015 heißt es etwa: „Es soll nur demonstriert werden, dass unsere heutige Welt mehr und mehr eine „Pathokratie“ ist – eine Herrschaft der Kranken…“

In den letzten Jahren fiel Boehringer durch Islamfeindlichkeit und Hetze gegen die etablierten Parteien auf. Im September  2015 schrieb er: „Und alleine nur wegen der laufenden, irreversiblen Umvolkung in der BRD, d.h. des permanenten Austauschs des deutschen Staatsvolks durch zu 98% illegale Eindringlinge aus weitgehend muslimischen Herkunftsstaaten ist die heutige, supranationalen Befehlen gehorchende BRD-Führungsclique inzwischen krimineller als die kommunistische der DDR, die ja schon schlimm genug war!“ Der Blog ist bis heute so zu finden, mit solchen Beiträgen liegt Boehringer ganz auf der Linie des völkischen Flügels um Björn Höcke.

„Judaslohn“: Abwahl von AfD-Politiker Stephan Brandner steht bevor

Brandner ist Höckes Vize

Höcke, Fraktions- und Landeschef in Thüringen, sitzt selbst nicht im Bundestag, als sein verlängerter Arm in Berlin gilt Stephan Brandner. Der 51-jährige Jurist stammt wie Höcke aus dem Westen, lebt und arbeitet aber seit vielen Jahren in Thüringen und war dort Spitzenkandidat für die Bundestagswahl. Im Erfurter Landtag war Brandner Höckes Vize, und er wurde in Sitzungen  immer wieder wegen seiner verunglimpfenden, oft unflätigen Redebeiträge gerügt. Auf einer Kundgebung im Bundestagswahlkampf in Jena verglich er linke Antifa-Demonstranten mit der SA und beschimpfte sie als Ergebnis von Inzucht und Sodomie, die Grünen bezeichnete er als „Kinderschänder“ und „Koksnasen“. Kanzlerin Merkel nannte er eine „Führungs-Fuchtel“, die in den Knast gehöre – früher war Brandner selbst in der CDU.

Zuletzt machte er von sich reden, als er im Kurznachrichtendienst Twitter ein Foto einer Machete neben einem halb vollen Bierglas verbreitete, versehen mit dem Text „Warten … auf die Antifa oder der/die/das „Zentrum für politische Schönheit (#ZPS, das sind die bekloppten „Kunst“-Bollos, die in Bornhagen rumirren). Vielleicht können die ´nen Tipp gebrauchen, wie ich das Gerät „künstlerisch“ gebrauchen kann.“ Brandner reagierte damit auf die Aktion der Aktivisten neben dem Haus von Höcke. Der Beitrag wurde an die Polizei gemeldet, die ihn an die Staatsanwaltschaft weiterleitete. Stephan Brandner war hochzufrieden.  Auch über seine Nominierung freute er sich. Er wolle professionell agieren, das bedeute aber nicht, dass er zum „politischen Eunuchen“ werde, sagte er.

Sebastian Münzenmaier wiederum wurde wegen Beihilfe zu gefährlicher Körperverletzung am Rande eines Fußballspiels rechtskräftig verurteilt, der Bundestag hob seine Immunität als Abgeordneter bereits auf. Wegen dieser Vorgeschichte lehnte es der Fußballklub des Bundestags ab, Münzenmaier aufzunehmen. Der 28-Jährige kommt aus Rheinland-Pfalz und gehörte früher der Partei „Die Freiheit“ an, die vom bayerischen Verfassungsschutz als islamfeindlich eingestuft wurde und sich 2016 aufgelöst hat. Auch Boehringer hatte enge Kontakte zu dieser Partei.

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