Bulgarien: Raus aus der Dauerschleife

Nach fünf Parlamentswahlen in zwei Jahren ist in Bulgarien eine neue Regierung in Sicht.
Gescheitert, aber vermutlich doch erfolgreich: Statt der erhofften Kabinettsliste konnte die frühere EU-Kommissarin Mariya Gabriel Bulgariens Staatschef Rumen Radew zu Wochenbeginn zwar nur eine leere Kladde überreichen. Doch trotz der Rückgabe ihres erst eine Woche zuvor erhaltenen Regierungsmandats ist der Hoffnungsträgerin der rechten Gerb-Partei ein Durchbruch geglückt: Nach fünf Parlamentswahlen in zwei Jahren ist im ärmsten EU-Staat endlich eine Regierung in Sicht.
Gemeinsam mit dem liberalen Anti-Korruptionsbündnis PP-DB will die wegen unzähliger Korruptionsskandale in Verruf geratene Gerb-Partei von Ex-Premier Boris Borissow nun für eine Koalition auf Zeit mindestens 18 Monate ins Regierungsboot steigen – und dafür dem fast gleichstarken Erzrivalen zunächst selbst den Premierposten überlassen. Die ersten neun Monate soll der frühere Erziehungsminister Nikolai Denkow (PP-DB) die Regierungsgeschäfte führen. Danach soll er seinen Posten mit seiner Gerb-Stellvertreterin und designierten Außenministerin Gabriel tauschen.
Noch ist Bulgariens Ausbruch aus der Dauerwahlschleife nicht in trockenen Tüchern: Die Parlamentsfraktionen der designierten Partner müssen den Deal noch absegnen. Doch die Vorzeichen für die Vermeidung von erneuten Neuwahlen im Herbst scheinen gut. Präsident Radew hat bereits angekündigt, „in den nächsten Tagen“ der PP-DB als zweitstärkste Gruppierung das Mandat für eine Regierungsbildung zu erteilen.
Zusammen genommen kommen die beiden stärksten Fraktionen in Bulgariens Sechs-Parteien-Parlament auf 133 der 240 Mandate – eigentlich genug für eine stabile Regierungsmehrheit. Gemeinsam ist den beiden Zweckpartnern auch ihre prowestliche und proeuropäische Ausrichtung und der feste Wille, den Einfluss Moskaus im Balkanstaat zurückzudrängen. Doch gewogen sind sich das gegen Korruption und Vetternwirtschaft streitende PP-DB-Bündnis und die als Oligarchenpartei verrufene Gerb keineswegs: Vor allem Gerb-Chef Borissow, der aber nicht in das Kabinett eintreten dürfte, gilt für die PP-DB als rotes Tuch.
Bereits die Kommunalwahlen im Herbst könnten zum ersten Härtetest für die sich abzeichnende Koalitionsehe werden. Doch zumindest das anvisierte Premiertandem Gabriel und Denkow scheint auf derselben Welle zu segeln. Mit der „extrem schwierigen Lage“ und der Gefahr einer weiteren Neuwahl „ohne klares Ergebnis“, begründet Denkow das anvisierte Bündnis der ungleichen Partner. Das einzige Ziel der „intensiven, aber emotionslosen“ Koalitionsgespräche sei es, „dass Bulgarien eine Regierung hat“, so Gabriel.