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Angespannte Lage: Ramadan treibt Lebensmittelpreise in Afrika hoch

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Ramadan in Somalia
Ramadan in Somalia treibt die Lebensmittel hoch © Farah Abdi Warsameh / dpa

Der Beginn des Fastenmonats Ramadan belastet viele Haushalte in Nord- und Westafrika: Er erhöht die schwierige Lage auf dem ohnehin angespannten Markt für Lebensmittel.

Diese Analyse liegt IPPEN.MEDIA im Zuge einer Kooperation mit dem Africa.Table Professional Briefing  vor – zuerst veröffentlicht hatte ihn AfricaTable am 20. März 2023

Mit Exporteinschränkungen und Preisdeckeln versuchen die Regierungen die Lage zu entspannen. Doch das kommt bei den Verbrauchern nicht immer gut an.

Tomaten, Zwiebeln und Kartoffeln gibt es nur noch für den heimischen Markt. Exporte in andere westafrikanische Länder werden beschränkt: Das beschloss die marokkanische Regierung im Vorfeld des islamischen Fastenmonats Ramadan, der am Mittwoch, 22. März beginnt.

Der vorübergehende Ausfuhrstopp soll die Versorgung der marokkanischen Bevölkerung sicherstellen, da hohe Düngerpreise und widriges Wetter das Gemüseangebot verknappt haben. Traditionell steigt in dieser besonderen Zeit für Muslime die Nachfrage nach Lebensmittelpreisen. Gegenseitige Einladungen zum Fastenbrechen stehen an. Außerdem kaufen wohlhabende Muslime größere Mengen ein, um sie Bedürftigen zu spenden.

Preisanstieg zum Ramadan – das kennen in Nord- und Westafrika viele Länder, die sich zum Großteil zum Islam bekennen. In Senegal ist die Mehrheit der Bevölkerung muslimisch, 97 Prozent sind es laut CIA Factbook. Präsident Macky Sall rief wenige Tage vor Beginn des Fastenmonats die Händler auf, sich an die staatlich vorgegebenen Höchstpreise zu halten.

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Staat verspricht faire Preise

So findet sich an den Türen der kleinen Geschäfte für den täglichen Bedarf, den Boutiques, oft das von der Regierung verteilte Plakat mit der Preisliste für Zwiebeln, Kartoffeln, Reis oder Butan-Gas. Aufgedruckt ist das Motto in der meistgebrauchten Landessprache Wolof, „Njëg yi“ und in Französisch, „Les prix justes“. Raffinierter Zucker kostet demnach 575 CFA pro Kilogramm, knapp 88 Euro-Cent.

Doch auf dem Markt zahlt die Senegalesin Mariama Sadio für ein Kilo Zucker inzwischen mehr als das Doppelte, 1,83 Euro. Zum Glück habe sie sich, sagt sie, einen kleinen Vorrat angelegt, als der Preis kürzlich noch bei 1,53 Euro stand – und damit ebenfalls weit über dem offiziellen Preis. „Seit einiger Zeit ist der Zuckerpreis gestiegen, und manchmal ist es sogar schwierig, überhaupt welchen zu finden“, sagt Sadio im Gespräch mit Table.Media. Für das vergangene Jahr schätzt der IWF die Inflation auf 9,7 Prozent, hält aber für 2023 einen Rückgang auf rund fünf Prozent für realistisch.

Verbraucher zahlen oft mehr

Oft würden die Händler die offiziellen Preise nicht anwenden. „Sie sagen, dass sie die Lebensmittel zu höheren Preisen eingekauft und gelagert hätten“, berichtet Sadio. „Und dann hast Du keine Wahl und musst zu diesem Preis kaufen.“ Sadio wohnt im Haus ihrer Schwiegermutter am Stadtrand von Dakar und kümmert sich um die Versorgung von sechs, manchmal auch bis zu neun Personen.
Für Grundnahrungsmittel wie Reis, Öl, Zucker, Milchpulver, Kaffee, Mayonnaise, Butter, Schokolade, Käse, Tomaten, Senf, Essig, Zwiebeln, Kartoffeln und Gemüse kalkuliert sie etwa 230 Euro monatlich ein. Gelegentlich kommen Fisch und Fleisch dazu. Der durchschnittliche Arbeitslohn lag in Senegal im zweiten Quartal 2022 laut den jüngsten Angaben der nationalen Statistikbehörde bei rund 133 Euro monatlich.

Vorbereitungen in Elfenbeinküste

Auch in Elfenbeinküste versucht die Regierung die Bevölkerung zu beruhigen. Dort sind laut CIA Factbook knapp 43 Prozent der Menschen Muslime. Das Land habe sich gut für den Ramadan vorbereitet, sagt Soumahoro N‘Valy, Vizepräsident der nationalen Vereinigung für Verbraucherschutz, im Gespräch mit Table.Media. „Die Regierung hat über das Handelsministerium unter Leitung von Souleymane Diarrassouba den Markt antizipiert und vor dem Fastenmonat Vorräte angelegt.“

Bei den Preisen für Zucker, Öl oder Milch bestehe keine Gefahr. Wegen des Ukrainekriegs und des dadurch verursachten Drucks auf die Lebensmittelpreise habe die Regierung vor vier Monaten die Subventionen unter anderem für Öl und Tomaten angehoben. Inzwischen würden 21 Produkte staatlich subventioniert, sagt Verbraucherschützer N‘Valy. Er sei zufrieden mit der Regierung, die einen Runden Tisch mit sechs Verbraucherschutz-Vereinigungen gegründet habe – und das schon 2019, lange vor dem Ukrainekrieg. Die Inflation lag in der Elfenbeinküste zuletzt bei 4,8 Prozent (Januar 2023), einem Abwärtstrend folgend.

Im wirtschaftsstärksten Land Westafrikas, in Nigeria, sieht es dagegen ganz anders aus. Die hohen Lebensmittelpreise trieben die Teuerungsrate im Januar auf 21,8 Prozent. Die Ölmacht hat nach den Wahlen Ende Februar weiter zu kämpfen: „Die Wirtschaft ist generell angeschlagen“, sagt der nigerianische Journalist Sam Olukoya Table.Media. „Preisanstiege lassen sich eher in diesem Kontext verorten und haben weniger mit dem Ramadan zu tun.“ Der kurzfristige Austausch von Banknoten sorgt nach Medienberichten jedoch bei vielen in der Bevölkerung für Bedenken, dass sie nicht genügend Bargeld für die Einkäufe zu Ramadan parat haben könnten.

Von Lucia Weiß

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