Im Staats-TV: Putins Chef-Propagandist fordert Todesstrafe für Kriegsverweigerer
Russland debattiert wegen des Ukraine-Kriegs über die Wiedereinführung der Todesstrafe. Die Kreml-Propaganda entfaltet ihre Wirkung in der Bevölkerung.
Moskau – Der russische Chefpropagandist Wladimir Solowjow hat zunehmende Probleme mit desertierenden Soldaten an der Front beklagt und deshalb die Wiedereinführung der Todesstrafe gefordert. Die aktuell ausgesprochenen Strafen gegen Fahnenflüchtige seien aus Sicht des TV-Moderators zu milde. Auch in der russischen Bevölkerung scheinen Forderungen nach der Rückkehr zur Todesstrafe lauter zu werden. Radikalisiert Russland sich durch den ausbleibenden Erfolg im Ukraine-Krieg weiter?
Solowjow forderte in der vergangenen Woche in seiner TV-Show, dass die russische Regierung härtere Strafen für Vergehen im Ukraine-Krieg aussprechen müsse. „Zumindest in den Gebieten der militärischen Spezialoperation müssen wir Kriegsgesetze und die dazugehörige Prozesspraxis zurückbringen“, sagte Solowjow. Ein entsprechendes Video der TV-Sendung hatte der YouTube-Kanal „Russian Media Monitor“ der Journalistin Julia Davis geteilt.

Putins Top-Propagandist fordert Todesstrafe für Deserteure – „Wie will man das sonst verhindern?“
„Wie will man das sonst verhindern?“, fragte der TV-Propagandist mit Blick auf desertierende Soldaten. Anschließend erklärte Solowjow mit einem Beispiel, welche Strafen er dabei im Sinn hat. „Zwei Männer waren in Panik geraten und verursachten dadurch einen Haufen von 500 Deserteuren“, berichtete Solowjow von einem Vorfall in der Ukraine. Die fliehenden Soldaten hätten durch ihr Verhalten, die Flanke der restlichen Truppen ungeschützt zurückgelassen. Russische Soldaten seien deshalb ums Leben gekommen.
„Was wäre, wenn man diesen beiden mit dem Kolben eines Maschinengewehrs gegen die Stirn geschlagen und sie in eine Grube geworfen hätte? Dann wäre niemand weggelaufen“, zieht Wladimir Putins Chef-Propagandist sein Fazit. Nach Ansicht von Solowjow sei dieses Beispiel der Grund, warum Russland zur Todesstrafe zurückkehren müsse. Derart hartes Vorgehen sei auch zu Zeiten von Stalin effektiv gewesen. „Wir haben uns in einem schrecklichen Krieg durchgesetzt“, sagte der Moderator mit Blick auf den Zweiten Weltkrieg. „Das bedeutet, dass Stalin einiges richtig gemacht hat.“
Solowjow zählt zu den einflussreichsten TV-Moderatoren des Landes und sorgt durch seine radikalen Aussagen immer wieder für Aufsehen. Der 59-Jährige wird wegen seiner Stellung in Russland auch als „Putins Stimme“ bezeichnet.
Todesstrafe in Russland: Straßenumfrage in Moskau zeigt Wirkung der Propaganda
Dass die russische Propaganda Auswirkungen auf die Bevölkerung hat, zeigt auch ein Video von einer Straßenumfrage des russischen Fernsehens. Ein Video der Befragung hatte Anton Gerashchenko, ein Berater des ukrainischen Innenministeriums, bereits am Donnerstag auf Twitter geteilt. In diesem befragte ein Reporter Bürgerinnen und Bürger der russischen Hauptstadt Moskau darüber, wie man mit Russen umgehen sollte, die sich gegen den Ukraine-Krieg aussprechen.
Mit Blick auf den russischen Comedian Maxim Galkin erklärte eine befragte Frau. „Ich würde ihn töten.“ Galkin hatte sich nach der russischen Invasion im vergangenen Februar gegen den Krieg ausgesprochen und die russische Regierung scharf kritisiert. Der 46-Jährige befindet sich mittlerweile im Exil in Israel und wird vom Kreml als „ausländischer Agent“ eingestuft.
„Zeit, dass wir die Todesstrafe zurückbringen“ – Passant forderte härtere Strafen im Ukraine–Krieg
Ein weiterer Passant erklärte: „Es ist Zeit, dass wir die Todesstrafe zurückbringen.“ Es gäbe eine Menge „schlechte und unfreundliche“ Menschen in Russland. Auf diese müsse man reagieren, führte der Befragte weiter aus. Auf den Straßen von Moskau scheint Solowjows Propaganda also bereits ihre gewünschte Wirkung zu erzielen.
Stand jetzt ist die Todesstrafe in Russland verboten. Putins Amtsvorgänger Boris Jelzin hatte 1999 ein Moratorium gegen die Todesstrafe verhängt und alle noch ausstehenden Urteile zu lebenslangen Haftstrafen umgewandelt. 2009 schaffte das russische Verfassungsgericht die Todesstrafe endgültig ab. Auch die Einführung eines Kriegsrechts dürfte schwierig werden, da der Kreml sich nach eigener Sichtweise nicht im Krieg mit der Ukraine befindet. Moskau benutzt weiterhin die Bezeichnung „militärische Spezialoperation“ für den Krieg gegen das Nachbarland. (fd)