Putin triumphiert in Afrika mit Wagner-Hilfe über den Westen
Mehrere Sahelstaaten werfen die französischen Truppen raus – und holen dafür die russische Privatarmee Wagner zu Hilfe. Eine Analyse.
Ouagadougou – Einen Sieg über den Westen hat Wladimir Putin erzielt– im Sahel. Nach intensiven Kontakten zwischen Moskau und der Regierung von Burkina Faso hat dessen Machthaber Ibrahim Traoré die dortigen französischen Truppen aufgefordert, sein Land binnen Monatsfrist zu verlassen. Es ist der zweite Paukenschlag, nachdem schon die Junta des Nachbarlandes Mali die Franzosen verabschiedet hatte, um dafür russische Söldner willkommen zu heißen.
Für die ehemalige Kolonialmacht, die das frankofone West- und Zentralafrika bisher oft als seinen „geostrategischen Hinterhof“ hielt, ist der doppelte Rauswurf eine politische Demütigung. Präsident Emmanuel Macron hatte in den vergangenen Wochen alles versucht, um den im September 2022 an die Macht gelangten Putschisten Traoré für sich zu gewinnen. Am Rande der Hauptstadt Ouagadougou sind 400 Elitesoldaten der Geheimmission „Sabre“ (Säbel) einquartiert, zwecks Eliminierung islamistischer Terrorchefs. Sie agieren verdeckt und intervenieren nicht direkt in die offenen Gefechte mit den Dschihadisten im Norden Burkina Fasos.
Das ist landesweit auf Kritik gestoßen. Macrons Liebesmüh war deshalb vergeblich. An Demonstrationen, bei denen Russlandfähnchen und Putin-Porträts verteilt wurden, skandierten die Leute antifranzösische Slogans.

Besuch in Moskau: Sahelstaaten holen die russische Privatarmee Wagner zu Hilfe
Wer auf die französische Truppe folgt, ist unschwer zu erraten: Burkinas Premierminister Apollinaire Kyélem de Tambéla war im Dezember in Moskau, um „unsere Partnerschaft zu stärken“, wie er sagte. In den Straßen der Hauptstadt schwenken Jugendliche bereits Schilder mit der Inschrift „Merci Wagner“ – obwohl die gleichnamige russische Privatarmee noch gar nicht in Burkina eingetroffen ist.
Die antifranzösischen Ressentiments, die derzeit überall südlich der Sahara hervorbrechen, sind zu großen Teilen von Moskau gesteuert, wo eine Propagandaabteilung die sozialen Medien Afrikas mit Parolen gegen die „französischen Kolonialisten“ überschwemmt. Laut dem Pariser Afrikaspezialisten Antoine Glaser unternimmt der Kreml in Afrika wie zu Zeiten des Kalten Krieges eine konzertierte Kampagne gegen den Westen. In Mali etwa hört man wieder vermehrt Loblieder auf die sowjetische Präsenz der 60er Jahre. Damals war das Land gerade unabhängig geworden und hatte sich dem Sozialismus Moskauer Prägung zugewandt.
Putins Russland versucht, daran anzuknüpfen. In Madagaskar mischen sich Moskaus Agenten in Wahlkämpfe ein, in der Zentralafrikanischen Republik führen sie die Präsidialgarde. Außenminister Sergej Lawrow reiht Afrikatourneen aneinander. Im Sommer 2022 besuchte er Ägypten, Äthiopien, Uganda und Kongo; diese Woche war er in Südafrika. Dort bestätigte er gemeinsame Manöver der südafrikanischen, russischen und chinesischen Seestreitkräfte. Die französische Außenpolitik hat sich von dem abrupten Stimmungsumschwung in Westafrika überrumpeln lassen, zu sehr ist sie in alten Mustern gefangen. Am Mittwoch (25. Januar) empfing Macron den Noch-Verbündeten Alassane Ouattara, Präsident der Elfenbeinküste, um ihn vor einem Übergreifen der antifranzösischen Agitation in Burkina Faso zu warnen. Solche paternalistischen Reflexe seien heute nicht mehr am Platz, moniert der kamerunische Philosoph Achille Mbembe: In Afrika bahne sich das „Ende eines Zyklus“ im Verhältnis zu Frankreich an. Die afrikanische Jugend begehre auf, denn sie verfolge die sozialen Medien und sei politisch viel besser im Bild als früher.
Kritik vom General: Zeitenwende von einem dominierten zu einem souveränen Afrika
Der Leiter der früheren französischen Militärmission „Licorne“ an der Elfenbeinküste, Bruno Clément-Bollé, schloss sich dieser Meinung am Freitag (27. Januar) in einem Beitrag in „Le Monde“ an: „Historisch gesehen befinden wir uns in einer Zeitenwende von einem dominierten zu einem souveränen Afrika. Heute entscheiden die Afrikaner selbst; sie haben ihre eigenen Lösungen, und dies zu ihren Konditionen.“ Der Westen könne in Afrika nur bestehen, wenn er das akzeptiert. Das erfordere Bescheidenheit, Vertrauen, Großzügigkeit und auch politische Kohärenz: Paris könne diesen Ländern nicht mehr wie früher Lektionen zur Demokratie erteilen und woanders Autokraten stützen.
Dass nicht Idealist:innen aus der Entwicklungsarbeit, sondern ein General mit Afrikaerfahrung solche Einsichten verbreitet, bleibt in Paris natürlich nicht unbemerkt. Zumal Clément-Bollé präzisiert, dass französische Missionen auch „im Senegal, im Kongo und in Kamerun weitere böse Überraschungen erleben“ könnten. (Stefan Brändle)