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Prigoschin zahlt Preis für Rekrutierung von Schwerverbrechern – Wagner-Gruppe droht „innere Zersetzung“

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Von: Felix Durach

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Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin.
Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin. © IMAGO/Konkord Company Press Service

Die Söldner-Armee hat verstärkt in russischen Straflagern rekrutiert. Das könnte Jewgeni Prigoschin nun zum Verhängnis werden.

München/Kiew – Die Söldner-Armee Gruppe Wagner sorgte durch ihre extrem brutalen Methoden in der Ostukraine immer wieder für Aufregung. Die private Militärfirma von Oligarch Jewgeni Prigoschin rekrutierte Schwerverbrecher und Mörder direkt aus russischen Straflagern und verheizte diese regelrecht an der Front bei Soledar und Bachmut. Deserteuren drohten die Wagner-Kommandeure mit der Hinrichtung durch einen Vorschlaghammer. Videos von den Exekutionen verbreiteten die Söldner anschließend zu Abschreckung im Internet.

Unter den Wagner-Söldner regieren mittlerweile Angst und Gewalt. Doch genau dieser Umstand könnte der Söldner-Armee jetzt zum Verhängnis werden. Der Politikwissenschaftler Andreas Heinemann-Grüder von der Uni Bonn erklärte im Gespräch mit fr.de von IPPEN.MEDIA, warum der Zustand der Gruppe Wagner sich in den vergangenen Kriegsmonaten erheblich verschlechtert hat.

Experte sieht zunehmenden Problemen für Wagner-Söldner – „tödlich für eine Organisation“

Heinemann-Grüder ist Politikwissenschaftler und Professor an der Uni Bonn, sowie Senior Researcher am Bonn International Centre for Conflict Studies. Dort beschäftigt er sich hauptsächlich mit Politik und Konflikte im postsowjetischen Raum – unter anderem auch mit der Wagner-Gruppe.

Dem Experten zufolge wurde die Söldner-Gruppe früher vor allem wegen ihrer guten Organisationen geschätzt. „Wagner war eigentlich unter den privaten Militärfirmen in Russland durchaus eine, die auf eine gewissen Professionalität geachtet haben“, sagte Heinemann-Grüder. „Im Kern bestand Wagner aus Leuten, die von den Spezialkräften und vom Militärgeheimdienst GRU kamen oder bereits Erfahrungen im 2. Tschetschenien-Krieg gesammelt hatten.“ Diese Professionalität bei der Rekrutierung und Organisation zeichnete die Privatarmee aus und verschaffte ihr eine Art Vormachtstellung im Umfeld des Kreml.

„Seit August hat Wagner jedoch verstärkt in russischen Straflagern rekrutiert. Und das hat ihr Profil erheblich zum Negativen beeinflusst”, erklärte Heinemann-Grüder weiter. „Aus einer Kerneinsatztruppe wurde eine lose Gruppe, die in sich zutiefst gespalten war. Die Schätzungen zufolge bis zu 40.000 Leute aufgenommen hatten, die alle keine Erfahrungen hatten, sondern einfach nur verurteilte Schwerverbrecher oder Mörder waren. Das ist tödlich für eine Organisation, die auf innere Disziplin und auf Einsatzerfahrung angewiesen ist.“

Terror statt Vertrauen: Rekrutierungen in Sträflingslagern schadet Wagner-Gruppe erheblich

„Die innere Disziplin basierte bei Wagner auf Autorität. Da gab es Kommandeure, die geachtet wurden. Während man jetzt durch die Rekrutierung diese ganze Gewaltkultur in die Wagner-Gruppe bringen musste. Anstelle von Vertrauen herrscht nun eine Angst- und Terrorkultur“, fasst Heinemann-Grüder die Entwicklungen zusammen.

Für den Experten ist die Lage deshalb klar: „Diese Rekrutierung hat letztlich zur inneren Zersetzung von Wagner beigetragen.“ Der Verfall von Wagner könnte auch ein Grund sein, warum der Kreml zukünftig wohl andere privaten Militärfirmen als Alternative zur Wagner-Gruppe fördern möchte. (fd)

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