Soldaten von Putins „Privatarmee“ verweigern Gehorsam im Ukraine-Krieg
Soldaten der russischen Nationalgarde sollen sich geweigert haben, in den Ukraine-Krieg zu ziehen.
Naltschik - Mehr als 100 Soldaten der russischen Nationalgarde sollen kürzlich entlassen worden sein, weil sie sich geweigert hatten, in der Ukraine zu kämpfen. Das geht aus Gerichtsdokumenten eines russischen Gerichts hervor, wie The Guardian berichtet. Bei den Soldaten soll es sich um Mitglieder der Rosgwardija handeln, eine Einheit, die auch als Wladimir Putins „Privatarmee“ bezeichnet werde, und dem „Kampf gegen Terrorismus“ dienen soll.
Demnach hat ein Gericht in Naltschik, eine Stadt in Russland nahe Georgien, wo die Berufungsverhandlung stattgefunden hat, eine Sammelklage gegen die Entlassung der Soldaten abgewiesen. In Naltschik sei die Truppe stationiert gewesen.
Die britische Zeitung deutet das als bisher deutlichstes Anzeichen dafür, dass Teile der Sicherheitskräfte mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine nicht einverstanden sind. Es stütze zudem die Vermutung, dass der Ukraine-Krieg zunächst als Blitzkrieg mit dem Ziel, Kiew schnell einzunehmen, und den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj abzusetzen, gedacht war.

Entlassung aus der russischen Armee: 115 Elitesoldaten weigern sich, zu kämpfen
Der zuständige Richter habe festgestellt, dass die Soldaten „zu Recht entlassen“ worden waren, weil sie sich „geweigert hatten, einen offiziellen Auftrag“ in der Ukraine auszuführen. Stattdessen hätten sie die Truppen verlassen und seien in ihre Kasernen zurückgekehrt.
Andrej Sabinin, der Anwalt, der die 115 Soldaten vertrat, sagte dem Guardian zufolge, die Entscheidung des Gerichts sei angesichts der Komplexität des Falles „beispiellos schnell“ getroffen worden. Er habe Zweifel an der Fairness des gesamten Prozesses, da seinen Mandanten die Anhörung von bestimmten Zeugen verweigert und mehrere Dokumente vom dem Gericht abgelehnt worden seien, so der Anwalt weiter.
Auch Michail Afanasjew, Chefredakteur von Nowy Fokus, hatte über elf Rosgwardija-Soldaten berichtet, die sich geweigert hatten, in der Ukraine zu kämpfen. Aufgrund seines Berichtes wurde Afanasjew im April in Russland verhaftet und inhaftiert.
Nach Weigerung, im Ukraine-Krieg zu kämpfen: Soldaten klagten gegen Entlassung
Auch in der russischen Armee soll es zu Schwierigkeiten kommen: Militärexpert:innen haben bei den russischen Truppen mangelnde Moral und Motivation im Ukraine-Krieg festgestellt. Die Armee soll aus vielen jungen Soldaten aus ärmeren Regionen Russlands bestehen, die nicht gewusst haben sollen, dass sie wegen des Ukraine-Konflikts in weitere Gebiete der Ukraine, zum Beispiel nach Kiew, in den Krieg geschickt werden.
Die USA hatten zudem berichtet, dass es „anekdotische Berichte“ gebe, die bezeugen sollen, dass „Offiziere mittleren Ranges auf verschiedenen Ebenen, sogar bis zur Bataillonsebene“, „sich entweder weigerten, Befehle zu befolgen“ oder sie nicht mit dem erwarteten „Eifer“ ausführten. Schon zuvor hatten einige Medien von Soldaten berichtet, die sich geweigert hatten im Ukraine-Krieg zu kämpfen. Unklar ist bisher, welche weiteren Konsequenzen für Soldaten in Russland folgen, die desertieren oder sich weigern, in den Ukraine-Krieg zu ziehen. (df)