Putins „Mini-Nato“ zerbricht - verlässt Armenien aus Enttäuschung Militärbündbis?

Armeniens Regierung erwägt offenbar, das Militärbündnis OVKS zu verlassen. Grund sei eine Enttäuschung über Wladimir Putins Unterstützung im Konflikt mit Aserbaidschan.
Moskau - „Ich kann die Möglichkeit eines De-jure-Austritts Armeniens aus der OVKS oder eines Einfrierens seiner Mitgliedschaft nicht ausschließen“, sagte Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan laut dem US-Magazin Newsweek am Montag (22. Mai). Das von Russland dominierte Militärbündnis „Organisation des Vertrags für kollektive Sicherheit“ (OVKS) wird auch als „Putins Mini-Nato“ bezeichnet. In der Pressekonferenz hatte Paschinjan auch gesagt, Armenien sei unter Umständen bereit, die seit Jahrzehnten umkämpfte Region Bergkarabach als Teil Aserbaidschans anzuerkennen.
Der mögliche Austritt aus dem OVKS-Bündnis steht demnach in Zusammenhang mit Kritik am Bündnis von Seiten Armeniens. Die OVKS erfülle ihre Schutzfunktion gegenüber Armenien nicht, deutete der Regierungschef an. Aus diesem Grund habe er nun auch eine EU-Beobachtermission in die Konfliktregion eingeladen und keine OVKS-Beobachter, sagte er.
Austritt aus Putins „Mini-Nato“ OVKS schon länger in Armenien diskutiert
Die armenische Regierung gilt als schwer angeschlagen durch die Niederlage im Krieg gegen den Nachbarn Aserbaidschan. Viele Armenier empfinden die Bedingungen des Waffenstillstands, in dem Eriwan auf Teile Bergkarabachs verzichtete, als erniedrigend. Eine völlige Aufgabe der Region dürfte Beobachtern zufolge neue Unruhen in Armenien hervorrufen.
Dem Newsportal Jam News, das Nachrichten aus dem Kaukasus analysiert, zufolge, wird diese Option in Armenien schon länger diskutiert, nämlich seit „Aserbaidschans Aggression gegen Armenien im September 2022“. Dies habe Armeniens Vize-Außenminister, Mnatsakan Safaryan, gesagt. Demnach hätten die armenischen Behörden beschlossen, die Zusammenarbeit mit dem von Russland geführten Militärblock fortzusetzen, obwohl „die Erwartungen der armenischen Seite nicht in Erfüllung gegangen sind“. Seiner Meinung nach sei die Situation noch offen und die armenischen Behörden hofften weiterhin, dass die Diskussionen innerhalb der OVKS „zu bestimmten Ergebnissen führen werden“.
Waffenstillstand zwischen Armenien und Aserbaidschan bröckelt
Aserbaidschan und Armenien liefern sich seit Jahrzehnten einen Konflikt um Bergkarabach. In den 1990er Jahren konnte sich die mehrheitlich von Armeniern bewohnte Region in einem blutigen Bürgerkrieg von Aserbaidschan lösen. 2020 holte Baku nach neuen Kämpfen über ein Waffenstillstandsabkommen die Kontrolle über einen Teil des Gebiets zurück. Eine aus Wladimir Putins Russland stammende Friedenstruppe soll die Einhaltung des Abkommens überwachen.
Der Waffenstillstand ist allerdings brüchig. Bis zuletzt kam es immer wieder zu Gefechten zwischen beiden Seiten. Die Kämpfe weiteten sich auch auf andere Grenzgebiete Armeniens und Aserbaidschans aus. (dpa/kat)