Putin über „Friedenstruppen“ im Donbass und „Marionetten-Regime“ in der Ukraine
Russlands Präsident Putin schockiert mit seiner Rede zur Ukraine. Sie ist eine weitere Warnung an das Land, seinen Anweisungen zu folgen.
Moskau - In den letzten Wochen waren westliche Staatschefs und Außenminister:innen damit beschäftigt, Kreml-Chef Wladimir Putin* für diplomatische Gespräche an den Verhandlungstisch oder ans Telefon zu bekommen. Die Eskalation der Ukraine-Krise, also ein Einmarsch russischer Truppen in das Land, sollten abgewendet werden. Vielfach war mit „starken“ bzw. „empfindlichen“ Sanktionen gedroht worden. Doch wie es scheint, hat Putin zumindest in der vergangenen Nacht den diplomatischen Pfad verlassen.
Der Kremlchef holte bei einer Fernsehansprache zum Frontalangriff gegen die Ukraine aus. Lediglich dank Russland* existiere das Land, dank des kommunistischen Revolutionsführers Lenin, der vor mehr als 100 Jahren die Grenzen gezogen habe. Lenin sei der „Autor“ und trotzdem wende es sich ab von dieser Geschichte, habe sich zum „Marionetten-Regime“ der USA machen lassen.
Putin: Ukraine von Russland erschaffen worden
„Die heutige Ukraine ist ganz und gar von Russland erschaffen worden“, sagt er. Mit erhobenem Zeigefinger klingt Putin zeitweilig so, als wollte er die ganze Ukraine einnehmen. Am Ende erkennt er die „Volksrepubliken Luhansk und Donezk“ als unabhängige Staaten an - und schickt russische Soldaten „zur Wahrung des Friedens“ dorthin.

Damit enden nicht nur rund sieben Jahre lange Gespräche zur Umsetzung des unter deutsch-französischer Vermittlung in Minsk ausgehandelten Friedensplans. Die Entscheidung stürzt Russland auch noch tiefer in die Krise mit dem Westen. Aber Putin macht seit langem deutlich*, dass ihn Sanktionen des Westens nicht im Geringsten jucken.
Putin hatte schon nach der Krim-Annexion deutlich gemacht, dass Russland sein Verhalten durch den Druck des Westens nicht ändere. Damals wie heute erklärt der 69-Jährige sein Vorgehen mit dem Schutz der russischsprachigen Welt. Er spricht in seiner Rede von einem „Genozid“ in der Ostukraine.
Putin: Nato-Mitgliedschaft der Ukraine verhindern
Aber Moskaus Führung besteht darauf, dass wegen der ukrainischen Verbrechen gegen die russischsprachige Bevölkerung im Donbass kein anderer Weg bleibe. Putin macht mit der Anerkennung das, was nicht nur die prorussischen Separatisten von ihm verlangen. Auch das russische Parlament hatte mehrheitlich einen Aufruf an Putin verabschiedet, Luhansk und Donezk als souveräne Staaten anzuerkennen. Kurz vor seiner Entscheidung zur Ukraine verwies Putin noch darauf, eine Mitgliedschaft des Landes in der Nato* auf jeden Fall verhindern zu wollen.

Schon heute, führt Putin weiter aus, nutze die Nato die Ukraine* für eine Vielzahl von Operationen, rüste der Westen das Land militärisch hoch - und bedrohe so die Sicherheit Russlands. Und der frühere Geheimdienstchef behauptet, es gebe die Gefahr, dass das zu Sowjetzeiten mit Atomwaffen ausgerüstete Land auf das alte Wissen zurückgreife und erneut nach Nuklearwaffen strebe.
Putin wirft Ukraine „Russenfeindlichkeit“ vor
Putin klingt, als wäre er noch lange nicht fertig mit dem Nachbarland. Er steht seit langem im Westen im Verdacht, 30 Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ein neues Imperium errichten zu wollen. Er hat Russen und Ukrainer immer wieder - zum Ärger Kiews - als ein Volk bezeichnet. Dazu hatte er bereits im Juli einen Aufsatz zur „Historischen Einheit von Russen und Ukrainern“ verfasst.
In dem Artikel beklagte Putin, dass die Ukraine heute „Russenfeindlichkeit“ zur Staatspolitik mache und vom Westen gesteuert werde. Demnach sei die „Schaffung eines ethnisch sauberen ukrainischen Staats, der aggressiv gegen Russland eingestellt ist, hinsichtlich seiner Folgen vergleichbar mit der Anwendung einer Massenvernichtungswaffe gegen uns“. Vor diesem Hintergrund meinte er, die Menschen hätten in Donezk und Luhansk zu den Waffen gegriffen, „um ihre Häuser, ihre Sprache, ihr Leben zu schützen“.
Schon im Juli zeichnete Putin eine gemeinsame Geschichte mehrerer Jahrhunderte nach. Daraus leitet er auch Russlands Interesse an dem Nachbarn ab. Putins aktuelle Rede ist insofern erneut eine Abrechnung mit dem Westen und der US-Politik - und eine Drohung an die Ukraine. (ktho/dpa)