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„Unberechenbar“: Angst vor Putins Koch wächst

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Von: Karolin Schäfer

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Putins Koch und Gründer der Wagner-Truppe, Jewgeni Prigoschin, wirkt unberechenbar. Dem Kreml ist das offenbar ein Dorn im Augen.

Moskau – Lange arbeitete er im Verborgenen und profitierte von seiner Beziehung zu Kremlchef Wladimir Putin. Seit Beginn des Ukraine-Krieges ist der Gründer der berüchtigten Wagner-Truppe, Jewgeni Prigoschin, zunehmend in der Öffentlichkeit zu sehen. Doch das scheint in Russland einen Machtkampf ausgelöst zu haben.

Zuletzt erwiesen sich die Wagner-Söldner als nützlich und kämpften im Ukraine-Krieg Seite an Seite mit dem russischen Militär. Die Verluste stockte Prigoschin, auch als Putins Koch bekannt, mit rekrutierten Häftlingen auf. Markenzeichen der Truppe ist vor allem ihre brutale Vorgehensweise, darunter Hinrichtungen und Verstümmelungen. Nun will Prigoschin offenbar seine eigenen Interessen durchsetzen.

Putins Koch im Visier des Kremls: „Verstehen nicht, was seine Ambitionen sind“

Militäranalysten versuchen, die nächsten Schritte von Prigoschin vorauszusagen. Einige glauben, dass Putins Koch seine Popularität nutzen könnte, um politischen Einfluss zu gewinnen, schrieb The New York Times. Andere wiederum meinen, dass Prigoschins Machtpotenzial ausgeschöpft sei. „Wir verstehen nicht, was seine politischen Ambitionen sind“, sagte Oleg Matveychev, ein kremlnaher Parlamentsabgeordneter von Putins Partei „Einiges Russland“, in einem Telefoninterview mit der US-amerikanischen Zeitung.

Der russische Präsident, Wladmir Putin, (l) und sein Vertrauter Jewgeni Prigoschin (r). (Archivbild)
Der russische Präsident, Wladmir Putin, (l) und sein Vertrauter Jewgeni Prigoschin (r). (Archivbild) © Alexey Druzhinin/imago

Mit einem politischen Aufstieg scheinen jedenfalls nicht alle einverstanden zu sein. Prigoschin steht angesichts der hohen Verluste in der Schlacht um Bachmut im Osten der Ukraine in der Kritik. Nach Angaben des US-amerikanischen Institute for the Study of War (ISW) setzt Russland inzwischen wieder vermehrt auf die eigenen Soldaten, als auf die Wagner-Söldner. Zudem zweifeln Analysten, dass die Rekrutierung von Gefangenen und Befürwortung von außergerichtlichen Hinrichtungen auf breite Zustimmung stoßen.

Kreml versucht Putins Koch offenbar in Schach zu halten

Auch der Kreml versucht offenbar, Prigoschin in Schach zu halten. Im russischen Staatsfernsehen sollen Putins Koch und seine Wagner-Söldner nicht übermäßig beworben werden, erklärte Sergej Markow, ehemaliger Kremlberater, gegenüber The New York Times. „Sie wollen ihn offenbar nicht in die politische Sphäre bringen, weil er so unberechenbar ist – sie fürchten ihn ein wenig.“

Hauptziel von Prigoschin sei ein „Geschäftsimperium“, zitierte die Zeitung den kremlnahen Politologen Sergei Markov. Politischer Einfluss könnte dabei nützlich sein. Zwar versuche der Kreml besonders die Eskapaden des Wagners-Chefs von der Öffentlichkeit fernzuhalten, doch er genieße die Unterstützung von Putin höchstpersönlich. „Er verteidigt Prigoschin ganz klar“, so Markov.

Allerdings gehen einige Analysten davon aus, dass sich Prigoschin bei neuen Rückschlägen in der Ukraine gegen Putin wenden könnte. Mit der paramilitärischen Wagner-Organisation könnte er zum Problem für den russischen Präsidenten werden. Dabei ist jedoch unklar, wie groß der Einfluss des Wagner-Chefs auf Putin tatsächlich ist. Wie The New York Times deutete, spiegele Prigoschins zweideutige Rolle in der russischen Innenpolitik Putins Balanceakt wider. Der Kreml versuche, befürwortende Hardliner des Krieges anzufeuern, ohne ihnen eine Bühne für Kritik an der russischen Führung zu bieten. Dazu zählt auch Ramsan Kadyrow, Putins Verbündeter in Tschetschenien. Er fiel in der Vergangenheit besonders durch brutale Forderungen im Ukraine-Krieg auf. (kas) 

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