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„Möchtegern-Hitler“: Putin kämpft gegen Hohn und Spott in Russland

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Von: Christian Stör

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Der russische Präsident muss im Netz viel Häme über sich ergehen lassen. Eine Behörde in Russland greift in diesen Fällen rigoros durch.

Moskau – Wladimir Putin gilt in Russland als strahlender Held. Schon früh inszenierte er sich als starker Mann, posierte dafür beim Judo, beim Eishockey oder mit nackten Oberkörper hoch zu Ross. Die PR-Abteilung des Kreml liefert in dieser Hinsicht seit Jahren ganze Arbeit. Da ist natürlich klar, dass kein Fleckchen das Bild vom Macho trüben darf.

Das aber lässt sich heutzutage kaum noch verhindern. Auch wenn niemand an Putins Macht rütteln kann, so machen sich im Internet dennoch viele Menschen einen Spaß daraus, ihn mit Worten, Memes und Bildern zu verhöhnen. In Russland aber ist das äußerst gefährlich. Eine spezielle Behörde ist dort damit beauftragt, den Geheimdienst zu alarmieren, sobald Putin irgendwo im Netz als „kahler Zwerg“, „Möchtegern-Hitler“ oder etwa „Dieb“ bezeichnet wird.

Behörde sucht nach Putin-kritischen Stimmen in Russland

Das berichtete die unabhängige Nachrichtenagentur iStories und berief sich dabei auf die Daten der russischen Regulierungs-, Aufsichts- und Zensurbehörde Roskomnadsor, die Systeme zur Internet-Überwachung betreibt. Die Behörde wurde Ende 2022 von einer Gruppe belarussischer Hacker angegriffen, die danach die dabei erbeuteten Daten unabhängigen russischen Journalist:innen zugänglich gemacht hat.

Wladimir Putin soll das Internet nach Beleidigungen gegen ihn durchforsten lassen.
Wladimir Putin soll das Internet nach Beleidigungen gegen ihn durchforsten lassen. © IMAGO/Mikhail Metzel/Kremlin Pool

Zu den beunruhigendsten Enthüllungen gehört, dass der Mitarbeiterstab der Bundesbehörde Berichte über alle „negativen Veröffentlichungen“ im Zusammenhang mit Putin zusammenstellen und ein internes Nachrichtensystem verwenden würde, um die Präsidialverwaltung und die russischen Sicherheitsdienste über alle Putin-kritischen Stimmen zu informieren.

Berichten zufolge wird Putins Bild fast rund um die Uhr überwacht. Demnach geht das Team jeden Morgen um 8.30 Uhr auf die Suche nach Online-Gesprächen, die eine Bedrohung für Putin darstellen könnten – einschließlich aller Memes, die sein Macho-Image mindern könnten. Als Beispiel sei sein Gesicht genannt, das über den Körper einer Krabbe eingeblendet wird und die Erklärung enthält: „Putin ist eine Krabbe.“

Aussagen zu Putins Gesundheitszustand werden überwacht

Die Behörde konzentriert sich dabei nicht alleine auf Meinungen zum Ukraine-Krieg. Eine große Rolle spielen den Angaben zufolge auch Meldungen über Putins Gesundheitszustand. So fügte die Zensur einem Bericht über ihre Bemühungen, die „Destabilisierung der russischen Gesellschaft“ zu vereiteln, folgende online gefundenen Textstellen bei: „Putin hat zu 100 % Demenz! Der alte Mann hat den Verstand verloren!“ sowie „Wird ein vernünftiger Russe einen Präsidenten mit Geisteskrankheiten unterstützen?“

Um „negative, diskreditierende“ Informationen über Putin zu finden, ist die Behörde demnach auch angehalten, Suchbegriffe zu verwenden, die allgemein als berüchtigte Beleidigungen angesehen werden. Hier ein paar Beispiele:

Putins Bild soll in Russland sauber bleiben

Zudem soll die Behörde Inhalte aufspüren, die Putin mit Pädophilen oder Serienmördern vergleichen. Auch nach Darstellungen des Präsidenten als „Homosexueller“, in pornografischen Szenen, in einem Mülleimer oder neben menschlichen Exkrementen wird gefahndet.

Abbas Gallyamov, ein ehemaliger Redenschreiber Putins, sagte gegenüber iStories, das Ziel der Überwachungsbemühungen sei eindeutig, Unruhen zu unterdrücken. „Wenn du vom eigenen Volk gehasst wirst, werden die Sicherheitskräfte dich irgendwann einfach loswerden wollen. Du bist für sie dann unnötig.“ (cs)

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