Prigoschin gibt politische Karriere nicht auf: Wagner-Chef will russische Partei übernehmen
Prigoschin will es wohl wissen: Der Chef der Wagner-Gruppe soll nicht mehr nur im Ukraine-Krieg aktiv sein, sondern auch in der russischen Innenpolitik.
Moskau - Die Wagner-Gruppe sorgt im Ukraine-Krieg für internationales Aufsehen, immer wieder gibt es Berichte über ihre brutale Vorgehensweise. Ein deutscher Experte verglich die Wagner-Söldner unlängst sogar mit der Waffen-SS. Nun rückt ihr Chef und Finanzier Jewgeni Prigoschin in den Mittelpunkt: Er will offenbar eine Partei übernehmen.
Wagner-Chef Prigoschin versucht wohl, eine russische Partei zu übernehmen
Erst vor Kurzem gab es Berichte, wonach Russland das Söldner-Monopol der Wagner-Gruppe einschränken und somit Prigoschin Macht entziehen wolle. Eine echte Fehde zwischen ihm und seinem langjährigen Freund Putin ist allerdings eher unwahrscheinlich.
Wie die russische Oppositionszeitung Meduza, die ihren Sitz in Lettland hat, nun berichtet, will sich Prigoschin offenbar nicht so einfach vom politischen Parkett verdrängen lassen. Demnach wolle der Wagner-Chef den St. Petersburger Zweig der konservativen Partei „Gerechtes Russland“ übernehmen. Sie steht der mitgliederstärksten Partei „Einiges Russland“, in der auch Wladimir Putin Mitglied ist, äußerst nahe.

Reich durch den Ukraine-Krieg: Wagner-Chef Prigoschin will offenbar russische Partei übernehmen
Prigoschin liebäugelt schon länger mit einem stärkeren politischen Einfluss in Russland. Laut Meduza soll er 2020 überlegt haben, bei der nächsten Wahl selbst als Präsident zu kandidieren, zwei Jahre später soll er demnach versucht haben, eine eigene Partei zu gründen. Nun habe er seine Strategie allerdings geändert und wolle mit der Übernahme von „Gerechtes Russland“ eine bereits bestehende Partei ausbauen.
Vier Mitglieder hätten Anfang April deshalb die Partei bereits verlassen, unter ihnen die Vorsitzende des Zweigs in St. Petersburg, Marina Shishkina. „Ich habe zu einer Partei voller Intellektueller und professioneller Politiker gehört, die in einem offenen, toleranten und erleuchteten St. Petersburg geborgen sind. Unglücklicherweise hat sich die Partei-Agenda kürzlich in eine Richtung bewegt, die nicht mit meinem Verständnis von Gerechtigkeit übereinstimmt“, zitierte sie die Zeitung.
Wagner-Chef Prigoschin: Beziehungen zu Parteivorsitzendem Mironov
Vor zwei Monaten habe Shishkina öffentlich Kritik am engen Verhältnis zwischen Prigoschin und dem Gesamtvorsitzenden der Partei, Sergei Mironow, geäußert. Letzterer habe noch im März von einer „heldenhaften Aktion“ der Wagner-Söldner im Ukraine-Krieg gesprochen.
Mironow habe außerdem gegenüber weiterer russischer Zeitungen bestätigt, mit Wagner-Chef Prigoschin befreundet zu sein. „Wir telefonieren oft, schreiben auch hin und her. Er ist sehr professionell“, meinte Mironow. Politische Ambitionen des Vorstehers der Söldner-Truppe habe er allerdings bestritten.
Wagner-Chef Prigoschin: Auf militärische Erfolge in der Ukraine sollen politische in Russland folgen
Zwei Quellen aus dem Inneren des Kremls, zu denen keine weiteren Informationen genannt werden, hätten Meduza hingegen bestätigt, dass Prigoschin die Partei in St. Petersburg übernehmen wolle und sich dementsprechend in Verhandlungen mit Mironow befinde. Demnach könne die enge Beziehung des Wagner-Chefs zu Putin auch für ihn von Vorteil sein.
Fraglich sei allerdings, ob der Kreml Prigoschin auf politischer Ebene außerhalb des Ukraine-Kriegs so viel Macht zugestehen wolle. In manchen Kreisen gelte er demnach als „unkontrollierbar“. Sollten Prigoschin und seine Söldner-Truppe weiterhin militärische Erfolge in der Ukraine erzielen, könne man eine politische Zusammenarbeit nochmals überdenken, so die Informanten. Zurzeit ist der internationale Fokus im Ukraine-Krieg allerdings auf die geleakten US-Dokumente gerichtet. (mef)