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Pressefreiheit nach Gutdünken

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Von: Melanie Reinsch

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Blick in das G20-Pressezentrum in Hamburg
Blick in das G20-Pressezentrum in Hamburg © AFP

Neun Journalisten wurde die Akkreditierung im Verlauf des G20-Gipfels entzogen. Der Deutsche Journalistenverband spricht von "Willkür".

Neun Journalisten wollten am Wochenende über den G20-Gipfel berichten – und durften nicht. Die neun waren mit Presseakkreditierungen nach Hamburg gekommen, machten ihre Arbeit – und mittenmang, als sie im offiziellen Pressezentrum auftauchten, wurde ihnen die Akkreditierung entzogen. 23 weitere hätten auf einer Liste gestanden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. Aber die 23 seien nicht im Pressezentrum aufgetaucht.

Entschieden wurde das laut Seibert zwischen Bundespresseamt, Bundeskriminalamt und Innenministerium. Für die Akkreditierungen habe man einerseits die „Journalisteneigenschaft“ überprüft, andererseits habe das BKA „eine anlassbezogene Sicherheitsüberprüfung“ vorgenommen. Insgesamt habe es 4800 Akkreditierungen gegeben. „Wir haben bestmögliche Arbeitsbedingungen geschaffen. Das ist uns gelungen“, bilanzierte Seibert.

Der Fotograf Björn Kietzmann sieht das etwas anders. Er ist einer der neun, die ihre Akkreditierung verloren: Als er im Pressezentrum seine Fotos übermitteln wollte, habe ihm ein BKA-Beamter mitgeteilt, „dass er mir die Akkreditierung entziehen müsse. Eine Begründung gab es nicht“. Anfragen beim BKA und bei Seiberts Amt blieben ohne Antwort. Dem Fotografen Rafael Heygster vom Bremer „Weser Kurier“ erging es ebenso: Er kam am Freitag um 13 Uhr nach Stunden in der Stadt ins Pressezentrum zurück – wo ihm prompt die Akkreditierung entzogen wurde, ebenfalls ohne Begründung. Der „Weser Kurier“ wertet den Vorgang als eine „unzulässige Beeinflussung der freien Pressearbeit“ und geht juristisch gegen die Entscheidung vor.

Die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union in Verdi, Cornelia Haß, nannte das Vorgehen „rechtlich äußerst fragwürdig“. Ihr dränge sich der Eindruck auf, „dass unliebsame Berichterstattung unterbunden werden soll. Das ist ein Vorgang, der gegen demokratische Prinzipien verstößt“. Auch der Deutsche Journalisten-Verband kritisierte die Polizei: „Das sind völlig willkürliche Entscheidungen, die unverzüglich revidiert werden müssen“, sagte der Bundesvorsitzende Frank Überall. Es sei klar, dass es nicht ein systematisches Vorgehen der Polizeikräfte gewesen sei. „Aber es waren ziemlich viele Einzelfälle.“ Der Verbandschef hat sich am Montag eine Stellungnahme von BKA-Präsident Holger Münch erbeten.

Mehrere Journalisten erzählten auch davon, dass ihre Presseausweise teilweise von den Polizisten ignoriert wurden. So sagte zum Beispiel ein Polizist zu der Journalistin Wiebke Harms vom Frauenmagazin F-Mag: „Der Scheiß ist nichts wert.“

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