Präsidentschaftswahlen in Montenegro: „Zar Milos“ politisches Überleben

Montenegros Präsident Milo Djukanovic bangt um Machtbasis. Die Spaltung der Opposition könnte ihm bei den Wahlen zugute kommen.
An dem hochgewachsenen Politfossil scheinen die Zeitenläufe spurlos abzuperlen. Die Berliner Mauer stand noch, Jugoslawien war noch intakt, als 1988 der steile Aufstieg von Montenegros heutigen Präsidenten Milo Djukanovic begann. Ob als Mitglied des montenegrinischen Zentralkomitees des Bundes der Kommunisten, als Chef der von ihm 1991 gegründeten Demokratischen Partei der Sozialisten (DPS) oder als mehrfacher Regierungs- oder Staatschef des seit 2006 unabhängigen Adriastaats: Unzählige Korruptionsaffären, Mafiavorwürfe und internationale Justizermittlungen überschatteten die lange Karriere von „Zar Milo“.
Seit seine DPS bei den Parlamentswahlen 2020 abgewählt und erstmals in die Oppositionsbänke verbannt wurde, ist die Popularität des steinreichen Dauerregenten im Land der Schwarzen Berge allerdings ebenso am Bröckeln wie seine Machtbasis: Bei den Kommunalwahlen im Oktober verlor die DPS gar zehn der 14 von ihr gehaltenen Städte – darunter die Hauptstadt Podgorica. Für „Rasiermesser“ Djukanovic und seine DPS gehe es bei den Präsidentschaftswahlen am Sonntag um „sinken oder schwimmen“, umschreibt die Agentur „Balkaninsight“ die Ausgangslage. Obwohl der angeschlagene Platzhirsch bei dem Urnengang um sein politisches Überleben bangen muss, geht der 61-Jährige paradoxerweise erneut als Favorit ins Rennen. Der Grund: Seine zerstrittenen Gegner tun alles, um den gewieften Strippenzieher im Amtssessel zu halten.
Sieben Kandidaten werden um den Einzug in die vermutlich nötige Stichwahl am 2. April streiten. Doch weil sich die beiden europäischen gesinnten Reformkräfte, die Bewegung „Europa jetzt“ (ES) und die „Demokraten“ nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten verständigen konnten, haben sich die Chancen des Amtsinhabers auf eine Wiederwahl schlagartig verbessert. Mit einem Durchmarsch wie 2018, als er schon im ersten Wahlgang auf über die Hälfte der Stimmen kam, kann Djukanovic zwar nicht mehr rechnen. Aber trotz fallenden Zuspruchs dürfte ihm zumindest der Einzug in die Stichwahl sicher sein.
Von dem Zweikampf zwischen ES-Hoffnungsträger Jakov Milatovic und Demokraten-Chef Aleksa Becic um dieselbe reformgesinnte Wählerklientel könnte mit DF-Kandidat Andrija Mandic derweil ausgerechnet ein Belgrad-höriger Dritter profitieren: Dem 58-Jährigen werden neben Djukanovic nun die größten Chancen auf den Einzug in die zweite Wahlrunde eingeräumt. Als „niederschmetternd“ bezeichnet der Kolumnist der Zeitung „Vijesti“ die Aussicht auf ein Duell von zwei „verbrauchten Dinosauriern mit unzähligen Leichen im Keller“: Für das „Überleben von Montenegro als europäische Gesellschaft“ sei das Scheitern von Mandic im ersten Wahlgang und die Niederlage von Djukanovic in der Stichwahl „zwingend erforderlich“.