Verpuffte Drohung? Putins Atomwaffen-Stationierung laut Experte „strategisch verzweifelt“
Die Anzeichen mehren sich dafür, dass Russlands Wladimir Putin zunehmend nervöser wird. Der Ukraine-Krieg ist anders verlaufen, als geplant.
Moskau – Verliert Kreml-Herrscher Wladimir Putin langsam die Nerven? Der Politologe David Sirakov von der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz hält die von Kremlchef Putins angekündigte Stationierung von Nuklearwaffen in Belarus für einen „Akt strategischer Verzweiflung“ in Russland.
„Einerseits soll die Stationierung zeigen, dass Russland im Konflikt mit dem Westen noch über Eskalations- und Erpressungspotenzial verfügt – allerdings ist das sehr fraglich“, sagte Sirakov. Putins Schritt überrasche nicht angesichts einer belarussischen Verfassungsänderung im vergangenen Jahr.

Putins übliche Taktik im Ukraine-Krieg: „Akt der strategischen Verzweiflung“
„Das passt in die übliche Taktik des Kremls, mit Drohgebärden die Bevölkerungen der westlichen Staaten von der Unterstützung der Ukraine abzubringen.“ Er denke nicht, dass das gelingen könne. „Ich glaube, das wird als das erkannt, was es ist: ein Akt der strategischen Verzweiflung angesichts eines völlig aus dem Ruder gelaufenen Angriffskrieges.“
Durch die angekündigte Stationierung werde zudem deutlich, wie eng Belarus mittlerweile mit Russland verbunden sei, sagte der Direktor der Atlantischen Akademie. „Eine russische Zeitung sieht darin eine Art Vereinigung und zeigt eine zusätzliche Dimension des russischen Imperialismus sowie die weitere Erosion der Souveränität in Minsk.“
Polen will sich an der nuklearen Abschreckung von Putin stärker beteiligen
Doch die Stationierung in Belarus ruft nun zumindest Polen auf den Plan. Das Nachbarland kann sich eine stärkere Beteiligung an der nuklearen Abschreckung der Nato vorstellen – auch ohne Atombomben auf seinem Staatsgebiet zu stationieren. „Polen wäre potenziell bereit, seine Beteiligung und Zusammenarbeit im Rahmen der nuklearen Abschreckung der Nato auszuweiten und Verantwortung zu übernehmen“, sagte der Sicherheitsberater des polnischen Präsidenten Andrzej Duda, Jacek Siewiera. „Die Stationierung von Atomwaffen ist aber etwas anderes“, fügte er hinzu.
Polen ist bislang nur an Beratungen darüber beteiligt etwa in der Nuklearen Planungsgruppe der Nato, die streng geheim tagt. Siewiera sagte nicht, wie genau er sich eine stärke Beteiligung vorstellt. Er verwies aber darauf, dass zur nuklearen Teilhabe auch Flugzeuge gehörten, die „spezielle Waffen“ tragen könnten. Der polnische Präsident Andrzej Duda hatte bereits im Oktober vergangenen Jahres sein grundsätzliches Interesse an einer stärkeren Beteiligung an der nuklearen Abschreckung der Nato angemeldet. (mse/dpa)