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Flüchtende aus der Ukraine: Polen bittet um Hilfe

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Zahlreiche Flüchtende aus der Ukraine sind mittlerweile in Polen angekommen.
Zahlreiche Flüchtende aus der Ukraine sind mittlerweile in Polen angekommen. © Aleksander Kalka/imago

Die Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine steigt rasant, es werden schon mehr als 1,5 Millionen Menschen gezählt. Polen bittet um Geld und Unterstützung durch Fachleute.

Warschau - Blaulicht flackert am späten Donnerstagabend (10.03.2022) in der Warschauer Jerusalemallee: US-Vizepräsidentin Kamala Harris ist im Marriott-Hotel. Gegenüber dem Glaspalast steht eine andere Art von Unterkunft: der Warschauer Zentralbahnhof aus geschwungenem Beton, Ankunftsziel und Herberge von vielen ukrainischen Flüchtlingen.

In der großen Ankunftshalle schieben sich die Massen auf der Suche nach Medikamenten, Essen, Windeln und einer Unterkunft. Züge aus dem Osten halten hier, auch Busse. Die Flüchtenden reisen zusammengepfercht; „Antischmerzsalben werden am meisten gebraucht“, so ein Helfer namens Karol hinter dem Rot-Kreuz-Stand. Man sei mittlerweile mit Medikamenten ganz gut ausgerüstet. Die chaotischen Szenen der ersten Tage sieht man am Bahnhof nicht mehr. Dennoch: Polen ist zunehmend mit den vielen aus der Ukraine geflohenen Menschen überfordert.

Flüchtlinge aus der Ukraine gehen nach Polen: „Uns fehlt die Erfahrung“

Laut Grenzschutz sind 1,52 Millionen Personen seit der russischen Invasion über die Grenze gekommen. „Polen fehlt die Erfahrung. Wir brauchen finanzielle, materielle Hilfe und den Rat von Experten“, appellierte Staatspräsident Andrzej Duda.

Auch die Hauptstadt kommt mit mehr als 230.000 Flüchtlingen an ihre Grenzen, Stadtpräsident Rafal Trzaskowski fordert ein von den Vereinten Nationen geschaffenes Hilfesystem oder den Einsatz des „Europäischen Katastrophenschutzes und humanitäre Hilfe“ (Echo). „Die Hilfsbereitschaft der Herzen“ müsse der Systematik weichen, so der Liberale.

Auf dem Warschauer Zentralbahnhof scheint auch mehr Ordnung eingekehrt zu sein als vor einigen Tagen. „Jeder, der eine Unterkunft sucht, der findet auch eine“, meint der Leiter der Feuerwehr. Geschlafen wird in Privatunterkünften, Sporthallen, Schulen, aber auch in Zelten.

Krieg in der Ukraine: Mehr als drei Millionen Menschen seit 2014 nach Polen geflohen

Auch der Bahnhof hat den Charakter einer Bleibe – im oberen Stock gibt es improvisierte Schlafplätze, einen Kinderbereich; ein Wartesaal wurde für Frauen mit kleinen Kinder eingerichtet. Für die Hungrigen steht draußen ein Großzelt mit warmem Essen bereit.

Insgesamt sind seit der Annexion der Krim und den Kämpfen im Osten der Ukraine 2014 mehr als drei Millionen Menschen ins westliche Nachbarland gegangen. Dazu gehört Anastasia, die in einer Sporthalle im Süden nachgefragt hat, ob es noch freie Plätze gebe. Dort übernachten Menschen auf Feldbetten, sie werden auch an Privatpersonen vermittelt. Die junge Ukrainerin wurde abgewiesen. Ihre Mutter, die Großmutter, die Schwester und ein kleiner Schoßhund sind vor vier Tagen nach einer langen Reise aus der zentralen Ukraine gekommen, via Bus bis zur Grenze.

Krieg in der Ukraine: Gefahr vor sozialer Spannung groß

Das Hickhack um die Übernachtungsplätze ist bezeichnend für die Überforderung der staatlichen, städtischen und privaten Helfer:innen für das Wochenende werden mehr als 500.000 weitere Flüchtlinge erwartet.

Zugleich gibt es Warnungen, dass die Hilfsbereitschaft im Land sinken könnte. Nach Ansichten des Ökonomen Marcin Kedzierski sei die Gefahr von baldigen sozialen Spannungen groß. Der Konservative der neu gegründeten „Neuen Initiative der Solidarität“ weist darauf hin, dass andere sozial schwache Gruppen in Polen nicht zu kurz kommen dürften. (Jens Mattern)

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