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Pipeline durchs Wildreservat

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Von: Johannes Dieterich

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Auf der Straße der künftigen Pipeline.
Auf der Straße der künftigen Pipeline. © AFP

Uganda und Tansania wollen Europas Probleme mit der Versorgung mit Erdöl lösen. Für die Menschen vor Ort hätte das dramatische Folgen.

Ugandas Präsident Yoweri Museveni meint zu wissen, wie Europa seine Abhängigkeit von russischem Erdöl verringern kann – mit Erdöl aus dem Herzen Afrikas. Am ugandischen Albert-See an der Grenze zum Kongo wurde bereits vor 16 Jahren ein riesiges Öl-Reservoir entdeckt: Sechs Milliarden Barrel sollen dort im Boden liegen. Es sei „bizarr“, dass Europäer diese Möglichkeit nicht mit größerer Leidenschaft verfolgten, klagte Museveni kürzlich: Mit den täglich 230 000 Fass Erdöl könnte zumindest Deutschland seine noch verbliebenen Erdöl-Probleme lösen.

W orauf der ugandische Präsident nicht zu sprechen kam: Die beiden Erdölfelder am Albert-See liegen fast 1500 Kilometer vom tansanischen Küstenstädtchen Tanga am Indischen Ozean entfernt, in dem der Bodenschatz einmal auf Schiffe verladen werden soll. Die ugandische Regierung hat sich mit der tansanischen bereits auf den Verlauf einer Pipeline verständigt: Es soll die längste beheizte Rohrleitung der Welt werden. Weil das ugandische Erdöl einen geringen Schwefelgehalt aufweist, muss es konstant auf mindestens 50 Grad erwärmt werden, sonst würde der zähe Saft zum Stillstand kommen.

Die beiden Betreiber der Erdölförderung am Albert-See, der französische Mineralölriese Total Energies und die China National Offshore Oil Corporation, unterzeichneten am 1. Februar bereits ein Investitionsabkommen mit dem ugandischen und tansanischen Staat zur Finanzierung des auf 3,5 Milliarden US-Dollar veranschlagten Projekts – die Bauarbeiten für die Eacop genannte Pipeline sollen bereits begonnen haben. Längst hat sich jedoch auch der Widerstand gegen das Megavorhaben formiert: Naturschutz- und nichtstaatliche Entwicklungs-Organisationen aus aller Welt versuchen, den Bau der Rohrleitung noch zu verhindern.

U m die 60 Zentimeter dicken Stahlrohre rund zwei Meter tief in die Erde versenken zu können muss eine 30 Meter breite Schneise in die Landschaft geschlagen werden. In dieser Zone dürfen auch nach der Fertigstellung der Pipeline keine Häuser errichtet oder Bäume gepflanzt werden – auch die landwirtschaftliche Nutzung ist dort eingeschränkt. Tausende von Familien müssen dafür umgesiedelt und Zigtausende von Landnutzern entschädigt werden. Man habe bereits mit 58 000 ugandischen und tansanischen Anwohnern Entschädigungen ausgehandelt, teilte Total Energies mit. Allerdings werden in Uganda zahlreiche Klagen von Betroffenen laut, die sich nicht adäquat behandelt fühlen.

Kritisiert wird auch der Verlauf der Leitung: Sie führt durch zahlreiche Wildreservate sowie am Ufer des Viktoriasees entlang. Auf das Wasser des in einem Erdbebengebiet liegenden Sees sind mehr als 40 Millionen Anwohner angewiesen: Eine schadhafte Leitung könne eine Umweltkatastrophe auslösen, warnen Experten.

Total Energies verweist auf eine in seinem Auftrag erstellte Studie zur Umwelt- und Sozialverträglichkeit des Projekts: Sie sei von den Umweltbehörden Ugandas und Tansanias anerkannt worden. Die unabhängige holländische „Commission for Environmental Assessment“ kam nach der Bewertung der Studie allerdings zu einem anderen Urteil: Sie sei bei der Abwägung der negativen und positiven Folgen der Erdölförderung „unausgewogen“, „vage“ in der Frage des Landbesitzes und werde, was die Pipeline selbst angeht, „ihrer Aufgabe nicht gerecht“. Angesichts der zunehmenden Kritik zogen sich mehrere Banken aus dem Projekt wieder zurück. Übrig blieb die japanische Sumitomo Mitsui Bank und die südafrikanische Standard Bank, die das Vorhaben alleine stemmen wollen. Unterdessen dringt die Internationale Energie- Agentur in Paris darauf, keine neuen Quellen fossiler Brennstoffe mehr zu erschließen: Andernfalls werde die Erhitzung des Klimas um mehr als 1,5 Grad nicht mehr aufzuhalten sein.

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