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Peru: Ein Hauch von Morales und Chávez

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Von: Klaus Ehringfeld

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Traditionelle Kleidung statt westlicher Anzug: Castillo pflegt das Bild des politischen Outsiders.. Foto: afp
Traditionelle Kleidung statt westlicher Anzug: Castillo pflegt das Bild des politischen Outsiders.. © AFP

Pedro Castillo ist links, Lehrer, vom Dorf – und Perus neuer Präsident. Doch um seine Kontrahentin Keiko Fujimori hat sich schon ein kampfbereiter rechter Block formiert

Er hatte sehr lange warten müssen auf diesen Tag, auf diesen endgültigen Sieg. 40 Tage hing Pedro Castillo in der Luft, weil seine Gegenkandidatin Keiko Fujimori die Wahlbehörde mit Einsprüchen gegen den Ausgang der Präsidentenwahl vom 6. Juni überzog. So als ob in Peru nicht sein könne, was nicht sein dürfe. Dass ein Linker, ein Lehrer vom Dorf, ein Mann mit komplexen gesellschaftlichen Ansichten und einer politisch linken Ideologie, die man in Lateinamerika bereits als für vergangen hielt, zum Staatschef gewählt wird.

Am Ende waren es 44.000 Stimmen, die dem 51 Jahre alten Castillo den Wahlsieg in dem Andenstaat bescherten, der seit Jahren von politischer Stabilität weit entfernt ist. Peru hatte in den vergangenen fünf Jahren vier Präsidenten. Allein vergangenen November waren es drei verschiedene Staatschefs in weniger als einer Woche. Castillos Wahlsieg liegt dann vor allem auch im Abscheu der Bevölkerung gegenüber der selbstreferentiellen politischen Klasse begründet. Castillo pflegte das Bild des Outsiders. Dazu passt, dass Castillo einen Tag nach seinem Amtsantritt den Politikneuling Guido Bellido zum Regierungschef ernannte. Der gelernte Elektroingenieur Bellido zog erst vor sechs Tagen erstmals ins Parlament ein. Zum Außenminister machte er den 85-jährigen Ex-Guerillakämpfer und linken Intellektuellen Héctor Béjar.

Der neue Präsident Pedro Castillo gehört der marxistisch-leninistischen Partei „Peru Libre“ an

Bei seiner Vereidigung versicherte Bellido, die Interessen aller Peruaner vertreten und den Kampf gegen die Korruption vorantreiben zu wollen. Bellido gehört wie Castillo der marxistisch-leninistischen Partei Peru Libre an. Ein öffentliches Amt hatte er vor seinem Einzug ins Parlament nicht inne. Wie der Präsident stammt Bellido aus bäuerlichen Verhältnissen.

Der neue Präsident und seine Partei werden es nicht einfach haben. Perú Libre stellt nur 37 der 130 Abgeordneten im Parlament. Und schon jetzt hat sich ein breiter kampfbereiter rechter Block um die neoliberale Autokratentochter Fujimori gebildet, der Castillo das Regieren so schwer wie möglich machen wird. Dabei müsste die politische Klasse zum Wohle der Bevölkerung die Kräfte bündeln.

Die Corona-Pandemie und eine schwere Wirtschaftskrise halten Peru im Würgegriff

Die von der Pandemie getriggerte Wirtschaftskrise und die Corona-Pandemie überhaupt halten Peru im Würgegriff. Das südamerikanische Land hat die höchste Covid-Todesrate pro Kopf weltweit. Und so wollen laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos 75 Prozent der Peruanerinnen und Peruaner, dass Castillo als Erstes das Gesundheitssystem auf Vordermann bringt.

Die Rechten und Konservativen in Peru fürchten nun, dass sich das Land zu einem kommunistischen Satelliten entwickelt. Castillo, der erst acht Monate vor der Wahl im Familienkreis seine Kandidatur beschloss, hat tatsächlich im Wahlkampf Positionen vertreten, die man früher vor allem in Venezuela und Kuba hörte. Etwa die Verstaatlichung der Schlüsselsektoren wie Bergbau, Energie und Gas. Davon haben ihn aber seine Berater:innen abgebracht. Er werde das Privateigentum respektieren, verspricht er jetzt. Aber er will noch immer eine neue Verfassung für Peru, um das rechte Grundgesetz von Alberto Fujimori aus dem Jahre 1993 abzuschaffen.

Und Castillo will weiterhin „drastische Veränderungen“, um Ungleichheit und Armut zu bekämpfen. Und zudem will er einen Staat, in dem alle Ethnien gleichberechtigt sind mit der weißen Elite. „Es ist Zeit, dass alle gesellschaftlichen Schichten und Sektoren an einem inklusiven und freien Peru arbeiten.“

Bei Gender-Themen ist Pedro Castillo sehr konservativ

In seiner Diktion wirkt Castillo wie eine Mischung aus Boliviens Ex-Präsident Evo Morales mit einem Hauch von Venezuelas verstorbenem Staatschef Hugo Chávez, aber vor allem bringt er viel lokale und ländliche Verankerung mit. Pferd, Poncho und Sombrero sind die Markenzeichen des neuen Staatschefs. Auch bei der Vereidigung am Mittwoch im Parlament trug er den radgroßen typischen Hut seiner Heimatprovinz Cajamarca auf dem Kopf.

Bei gesellschaftlichen Fragen ist Castillo hingegen ur-konservativ und trifft sich dort ideologisch mit Keiko Fujimori. Der zweifache Vater setzt auf „Familienwerte“ und hält nichts von Genderthemen, Abtreibung und Ehe für alle. Auch die Freigabe von Marihuana findet nicht seine Zustimmung. Bislang hat Castillo in sein künftiges Regierungsteam nur zwei Frauen berufen, darunter die Vizepräsidentin Dina Boluarte. mit afp

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