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Patriot-System aus den USA - Wie gut schützt es die Ukraine gegen Russlands Raketen?

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Von: Bettina Menzel

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Das US-Patriot-Flugabwehrsystem schießt bei einer Übung auf den Philippinen eine Rakete ab (Symbolbild vom 25. April 2023). © IMAGO/Daniel Ceng Shou-Yi/ ZUMA Wire

Die Ukraine hatte das Patriot-System monatelang gefordert, in der vergangenen Woche trafen endlich drei dieser Flugabwehrsysteme im Land ein. Wie hermetisch ist der Schutzschirm?

Kiew – Es ist eines der modernsten Flugabwehrsysteme der Welt: Mit dem Patriot-System lassen sich ballistische Raketen, Marschflugkörper und Flugzeuge abfangen. Drei Einheiten des US-amerikanischen Flugabwehrsystems trafen bereits im Land ein, wie der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow vergangenen Mittwoch bestätigte. Erstmals kann die Ukraine nun auch ballistische Raketen abfangen, gegen die Kiew zuvor kein Mittel hatte. Haben Putins Raketen im Ukraine-Krieg nun keine Chance mehr?

So funktioniert das Patriot-System: Entscheidung innerhalb von Sekunden

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Eines der bereits in die Ukraine gelieferten Patriot-Flugabwehrsystemen stammt aus Deutschland (Archivbild des Patriot-Systems der Bundeswehr vom Juni 2015). © IMAGO/Sven Eckelkamp

Schon seit vergangenem Jahr fordert Kiew vom Westen auch Patriots zur Abwehr, nun endlich kamen die Systeme in der Ukraine an – eines davon stammt aus Deutschland. Das „Phased Array Tracking Radar for Intercept on Target“-System (zu Deutsch: „Phasengesteuertes Verfolgungsradar zum Abfangen von Zielobjekten“) kann per Radar 50 Flugziele gleichzeitig im Auge behalten und fünf zur gleichen Zeit bekämpfen.

Bis in Höhen von 30 Kilometern können die über die „Launcher“ abgefeuerten Abwehrraketen Ziele treffen, die Reichweite beträgt laut Bundeswehrangaben 68 Kilometer. Wenn das Radarsystem ein Flugobjekt erkennt, wird diese Information zunächst an die Feuereinheit weitergeleitet. Mithilfe von Computerunterstützung wird das Flugobjekt verifiziert und als Freund oder Feind eingestuft, heißt es vonseiten der Bundeswehr.

Die Soldaten verifizieren den Computervorschlag und leiten die Bekämpfung ein – dafür bleiben ihnen oft nur Sekunden. Zwischen dem Entdecken einer feindlichen Rakete und dem Treffen der Entscheidung zum Abschuss liegen nur wenige Momente. „Die kritischsten Objekte sind taktisch-ballistische Raketen – aufgrund ihrer hohen Geschwindigkeit“, erklärte Oberstleutnant Markus König, Kommandeur der Flugawehrraketengruppe 21, der Bild-Zeitung und ergänzte: „Sie haben mehrere Sekunden Zeit, um diese Bekämpfungsentscheidung durchzuführen.“

Putins Albtraum? Patriot-System ist „Unikatsfähigkeit“ der westlichen Welt

Die ukrainische Luftabwehr verfügt neben den Patriot-Systemen auch über Iris-T-Systeme und Gepard-Flugabwehrpanzer, die verschiedene Schichten des Schutzschirms bilden. Allein das Iris-T SLM habe tausende Menschenleben gerettet, hieß es von ukrainischer Seite. „Unsere Militärs sind von Iris-T begeistert. Jeder Schuss ist ein Treffer, keiner geht vorbei“, sagte etwa der Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, im März über die schweren Angriffe auf die ukrainische Hauptstadt im Winter.

Das Patriot-System hat eine noch höhere Reichweite als etwa Iris-T und stellt damit die äußere Schicht des ukrainischen Schutzschirms dar. Ukrainischen Angaben zufolge können mit dem System nun auch ballistische Raketen abgefangen werden, gegen die das Land bisher keine Mittel hatte. Oberstleutnant Markus König hält das Patriot-Flugabwehrsystem für eine „Unikatsfähigkeit“ der westlichen Welt, „insbesondere im Bereich Abwehr taktisch-ballistischer Raketen, das zeichnet das Waffensystem Patriot aus“. Es sei mit Sicherheit eine Fähigkeit zur Verteidigung, „die wirksam ist“, so der Oberstleutnant zu Bild auf die Frage, ob das System „Putins Albtraum“ sei.

Patriot-System hat gegen russische Hyperschallraketen keine Chance

So gut das Patriot-System auch ist, laut Militärexperten gibt es kein Abwehrsystem, das den Luftraum hermetisch abriegeln kann. Neben ballistischen Raketen und Marschflugkörpern hat Russland auch andere Waffen, beispielsweise die Überschallrakete Kinschal (zu Deutsch: Dolch). Sie fliegt extrem schnell, bleibt dabei aber manövrierfähig, selbst modernste Raketenabwehrsysteme haben hier keine Chance. Wenn sie vom bodengestützten Radar entdeckt wird, ist die Rakete schon fast im Ziel.

„Hyperschallraketen mit ihrer neuartigen Kombination von Geschwindigkeit und Manövrierfähigkeit können alle gegenwärtigen Raketenabwehrsysteme überwinden und verkürzen radikal die Reaktionszeit des angegriffenen Akteurs“, hieß es dazu in einem Bericht der Münchener Sicherheitskonferenz aus dem Jahr 2019. Auch im Ukraine-Krieg kamen Kinschal bereits zum Einsatz. Im März schlug eine dieser Hyperschallraketen beispielsweise in Kiew ein. Militärexperten zufolge verfügt Russland allerdings nicht über einen umfangreichen Bestand von Kinschal-Raketen. Zuletzt griff Russland jedoch vor allem in frontnahen Regionen verstärkt auch mit Gleitbomben an, die mit den Patriots ebenfalls nicht abgefangen werden können.

Dennoch erhöhen die Patriot-Systeme die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine und erweitern den Schutzschirm. „Heute wird unser schöner ukrainischer Himmel noch sicherer, denn die Patriot-Flugabwehrsysteme sind in der Ukraine eingetroffen“, schrieb der ukrainische Verteidigungsminister am Tag der Lieferung auf Twitter. Je mehr Flugabwehrsysteme die Ukraine zur Verfügung hat, desto leichter wird es für das Militär, den schwierigen Balanceakt zwischen dem Schutz von kritischer Infrastruktur und Städten einerseits und der Verteidigung der Front andererseits zu schaffen. Bislang reicht der Schutzschirm nicht flächendeckend über das ganze Land. (Bettina Menzel)

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