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Organspenden in Deutschland stagnieren

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Von: Pamela Dörhöfer

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Die Organspenden in Deutschland stagnieren.
Die Organspenden in Deutschland stagnieren. © Rainer_Droese/imago

Fachleute vermissen Fortschritte beim Thema Transplantationen. Kritik äußern sie am Ampelverhandlungsteam – weil dies Organspenden im Positionspapier nicht mal erwähnt hat.

Frankfurt - Die Zahl der Organspenden und Transplantationen ist in Deutschland während der Corona-Pandemie nicht zurückgegangen – aber auch nicht gestiegen, trotz einer vor zwei Jahren geänderten Gesetzgebung, die eigentlich zu einer Verbesserung der Situation führen sollte. Das gab die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) am Donnerstag (28.10.2021) zum Auftakt ihrer Jahrestagung in Frankfurt bekannt. So sind die Zahlen mit 696 postmortalen Spenderinnen und Spendern und 2182 gespendeten Organen bis September 2021 sowie 707 Spenderinnen und Spendern und 2301 gespendeten Organen für den gleichen Zeitraum im Jahr 2020 gegenüber 2019 weitgehend konstant geblieben.

Der „Aufbruch“, wie man ihn sich angesichts der neuen Rahmenbedingungen erhofft hatte, sei damit ausgeblieben sagte Axel Rahmel, Medizinischer Vorstand der DSO. Als einen Hauptgrund sieht er die durch die Pandemie bedingten Belastungen der Kliniken. Allerdings gebe es keine direkte Korrelation zwischen der Zahl der Intensivpatientinnen und -patienten mit Covid-19 und den Organspenden, der Verlauf während der Pandemie sei bisher „schwankend“ gewesen.

In anderen Ländern kam es in der Pandemie zu Einbrüchen bei den Organspenden

Immerhin kam es nicht zu Einbrüchen bei den Organspenden wie in anderen Ländern – die allerdings teils von weit höherem Niveau abgestürzt sind. Als Beispiele nannte Rahmel Belgien, Kroatien und Ungarn. Kroatien lag laut Irodat, dem internationalen Register für Organspende und Transplantation, 2019 weltweit auf Platz drei bei den Organspenden, Belgien auf Platz sechs und Deutschland auf Platz 37.

Eine besonders wichtige der angesprochenen gesetzlichen Neuerungen betrifft die Etablierung von Transplantationsbeauftragten in Kliniken, in denen Organe entnommen werden. Sie sollen das wesentliche Bindeglied zwischen dem Personal auf den Intensivstationen und der DSO als Koordinierungsstelle bilden. Eine aktuelle Umfrage der Bundesärztekammer zu den ersten Erfahrungen zeigt ein durchwachsenes Bild. Zwar gaben drei Viertel der Transplantationsbeauftragten an, sich über ihre neue Position zu freuen, ebenso viele sahen sie jedoch nicht als Karrierechance an. Und nur knapp die Hälfte wurde für diese Aufgabe freigestellt – obwohl das eigentlich so im Gesetz verankert ist. „Da gibt es noch Luft nach oben“, sagte Rahmel. Auch Frank Ulrich Montgomery, Ehrenpräsident der Bundesärztekammer, bedauerte, dass die Transplantationsbeauftragten nicht so gefördert würden wie im Gesetz vorgesehen. Da müsse mehr getan werden.

Organspende: Masken erschweren Aufbau von Vertrauensverhältnis mit Angehörigen

Kati Jordan, Transplantationsbeauftragte im Auguste-Viktoria-Klinikum in Berlin, forderte, Klinikleitungen „in die Pflicht“ zu nehmen und dafür zu sorgen, dass die Freistellung „auch wirklich gelebt wird“. Die Medizinerin berichtete zudem davon, wie sich durch das in der Pandemie erforderliche Abstandhalten und Tragen von Masken das Aufbauen eines Vertrauensverhältnisses mit den Angehörigen erschwert habe.

Jens Scholz, Vorsitzender des Verbands der Universitätsklinika Deutschland, wies auf die Bedeutung der medizinischen Spitzenzentren bei Organspenden und Transplantation – und nicht nur dort – hin. Allerdings würden Unikliniken „in keinem Land so schlecht behandelt wie in Deutschland“. Er kritisierte in diesem Zusammenhang das „Gießkannenprinzip“, mit dem der scheidende Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) finanzielle Mittel verteilt habe. Es sei genug Geld gekommen, „aber an die falschen Stellen“. Scholz forderte für die Zukunft eine differenziertere Finanzierung „nach Versorgungsstufen“.

Montgomery äußerte allerdings auch Kritik am Positionspapier der möglichen Ampelkoalition: Darin komme das Thema Transplantation und Organspende „an keiner Stelle vor“. Es sei aber von „eminenter Wichtigkeit“, das in einem künftigen Vertrag unterzubringen. (Pamela Dörhöfer)

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