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Opfer sollen entschädigt werden

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Von: Stefan Brändle

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Die französische Bischofskonferenz in Lourdes.
Die französische Bischofskonferenz in Lourdes. © AFP

Kirche in Frankreich verkauft Immobilien, um die Opfer des sexuellen Missbrauchs entschädigen zu können – es geht um weit mehr als 200.000 Fälle.

Am Wallfahrtsort Lourdes haben sich die französischen Bischöfe am Montag mit den Folgen des Pädophilie-Berichtes von Anfang Oktober auseinandergesetzt. Darin hatte eine zivile Untersuchungskommission die Zahl von 216 000 minderjährigen Opfern seit dem Jahr 1950 genannt – oder sogar 330 000 Opfern, wenn man die nichtkirchlichen Täter in Ferienkolonien und Katechismusunterricht einbezieht.

Die Bischofskonferenz erkannte am Montag die „institutionelle Verantwortung“ der Kirche an, womit sie einräumt, dass der sexuelle Missbrauch nicht nur die individuelle Ebene betreffe, sondern eine „systemische Dimension“ habe. „Wir stehen zu dem Gewicht der Vergangenheit“, sagte Konferenzvorsteher Eric de Moulins-Beaufort. „Es gibt das Schlechte in der Menschheit, und wir müssen uns mit diesem immer noch gegenwärtigen Übel konfrontieren.“

Konkret will die Bischofskonferenz alles tun, um die Opfer zu entschädigen und eine möglichst weitgehende Wiedergutmachung zu ermöglichen. Sie schafft zu dem Zweck Arbeitsgruppen, die unter der Leitung von Zivilpersonen stehen sollen. Als Dachrat fungiert eine unabhängige nationale Kommission unter Leitung der Juristin Marie Derain de Vaucresson.

Konkret erklärte Moulins-Beaufort, die Kirche werde eine Anleihe aufnehmen, um die noch lebenden, heute meist erwachsenen Pädophilie-Opfer zu entschädigen. Zudem werde sie Immobilien, Liegenschaften und mobile Vermögenswerte abstoßen. Der Vorsteher der Bischofskonferenz machte klar, dass die sonntäglichen Geldspenden der Messebesucher nicht für die Entschädigung benutzt würden. In den vergangenen Wochen hatten sich auch prominente Kirchenvertreter dagegen ausgesprochen. Viele Gläubige erklärten, sie seien nicht bereit, für die Verbrechen von Priestern einzuspringen.

Die Höhe der Entschädigung steht noch nicht fest. Moulins-Beaufort sagte nur, die Sonderbeiträge würden „so weit wie nötig“ gehen. Im Vorfeld des Untersuchungsberichts hatte die Bischofskonferenz von fünf Millionen Euro gesprochen. Dieser Betrag wurde in der Debatte aber von vielen als deutlich zu niedrig bezeichnet. Auch jetzt wird kritisiert, dass Moulins-Beaufort keine Zahl nannte. Der Mitgründer des katholischen Vereins „Parler et revivre“ (Sprechen und wieder leben), Olivier Savignac, verlangte am Montag, dass auch der Vatikan sein „Sparschwein öffnen“ solle.

Offen ist auch noch, wie die katholische Kirche mit den Tätern umgehen will. Interne Gerichte sollen die Beschuldigten nach kanonischem Recht beurteilen, wobei erstmals auch die Opferseite vertreten sein soll.

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