Scholz will nun doch SPD-Chef werden

Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat angekündigt, für den Vorsitz der SPD zu kandidieren. Derzeit sucht er offenbar nach einer Partnerin, mit der er als Doppelspitze antreten kann.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat einem Bericht zufolge angekündigt, für den Vorsitz seiner Partei zu kandidieren. "Ich bin bereit anzutreten, wenn Ihr das wollt", sagte Scholz nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Spiegel" am Montag dieser Woche in einer Telefonschalte mit den Interimsvorsitzenden Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel. Widerspruch habe sich in der Schalte nicht geregt.
Seitdem sondiere Olaf Scholz im Hintergrund das Feld, spreche mit führenden Sozialdemokraten und suche eine Tandempartnerin, mit der er als Doppelspitze antreten kann, hieß es weiter. Scholz hatte noch im Juni nach dem Rücktritt seiner Vertrauten Andrea Nahles erklärt, aus zeitlichen Gründen nicht für den Parteivorsitz zur Verfügung zu stehen.
Olaf Scholz macht eine Kehrtwende und will für die SPD-Spitze kandidieren
Die Kehrtwende des Finanzministers sei auch auf darauf zurückzuführen, dass bislang niemand aus der ersten Reihe kandidieren wollte und zuletzt in der Parteispitze die Sorge vor einem weiteren Absturz der SPD wuchs, schreibt der "Spiegel".
Lesen Sie auch: Olaf Scholz sagt, er könne Kanzler
Scholz wäre der 13. Bewerber. Zuvor hatten der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius und die sächsische Integrationsministerin Katja Köpping ihre Bewerbung angekündigt. Am Sonntag wollen Pistorius und Köpping nach Angaben aus Parteikreisen mit einer Pressekonferenz ihre Kampagne einläuten. Der 59-jährige Pistorius hatte zuvor bereits deutlich gemacht, dass er eine Kandidatur für die Nachfolge von Andrea Nahles erwägt. Er führt seit dem Jahr 2013 das Innenressort in Hannover und hat sich über die Landesgrenzen hinweg einen Namen in der Innenpolitik gemacht. Zuvor war er Oberbürgermeister in Osnabrück.
Köpping und Pistorius wollen ebenfalls für SPD-Vorsitz kandidieren
Die 61-jährige Köpping ist seit 2014 Integrationsministerin der schwarz-roten Landesregierung in Sachsen. Sie hat immer wieder auf Befindlichkeiten der Ostdeutschen hingewiesen, die sich häufig abgehängt fühlten. Neben Pistorius und Köpping haben bislang vier weitere Duos sowie zwei Einzelbewerber ihren Hut in den Ring geworfen. Dazu gehören die Politologin Gesine Schwan und Parteivize Ralf Stegner, die ihre Bewerbung am Freitag offiziell vorstellen wollen.
Am Donnerstag hatte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD), die ebenfalls als Kandidatin im Gespräch war, ihren Verzicht angekündigt. Gegen sie gibt es Plagiatsvorwürfe, die Prüfung ihrer Doktorarbeit durch die Freie Universität Berlin wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil hat dagegen ausgeschlossen, dass er sich um den SPD-Vorsitz bewirbt, während Juso-Chef Kevin Kühnert das noch nicht ausgeschlossen hat.
Interessenten für SPD-Spitze können sich bis 1. September bewerben
Interessenten können ihre Bewerbung allein oder zu zweit noch bis zum 1. September anmelden. Kandidaten benötigen die Unterstützung von mindestens fünf Unterbezirken oder einem Bezirk beziehungsweise einem Landesverband. Anschließend stimmen die Mitglieder ab. Die formale Entscheidung über den künftigen Vorsitz und auch über die Installierung einer Doppelspitze fällt ein Parteitag im Dezember.
Die Wahl der neuen SPD-Spitze ist notwendig geworden, weil Nahles nach der SPD-Schlappe bei der Europawahl den Vorsitz von Partei und Fraktion niedergelegt hatte. Die Neuwahl der Parteispitze könnte auch Auswirkungen auf die große Koalition im Bund haben. Das Bewerberduo aus Nina Scheer und Karl Lauterbach plädiert für ein Ende des Regierungsbündnisses. (afp)
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz und die Ideologie der Mitte: Der Finanzminister steht für alles Mögliche. Aber für die Alternative zum „Weiter so“, die das Land bräuchte, steht er nicht. Kann sich das noch ändern? Der Leitartikel von Stephan Hebel.