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Österreichs freundliches Kabinett

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Von: Adelheid Wölfl

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Brigitte Bierlein präsentiert ihr Kabinett.
Brigitte Bierlein präsentiert ihr Kabinett. © dpa

Alle Parteien scheinen zufrieden, weshalb die Regierung Bierlein wohl bis zu den Neuwahlen im September im Amt bleiben wird.

Es war schon vielsagend, als Kanzlerin samt Bundespräsident vor einem Gemälde der Kaiserin Maria Theresia zu stehen kamen, auf dem die auf ihren Reichsapfel deutet: Österreich hat seine erste Bundeskanzlerin, Brigitte Bierlein, und sie ist so unumstritten wie sicherlich noch niemand im Regierungsamt zuvor. Von rechts wie links, von liberal bis national, alle loben Alexander van der Bellens Entscheidung für die Juristin. Am Montag wurde ihr Kabinett vorgestellt.

Van der Bellen freute sich sichtlich, dass mit Bierlein, Ex-Präsidentin des Verfassungsgerichts, erstmals eine Frau an der Spitze der österreichischen Regierung steht. Und sagte, dass die Republik nun „politisch, diplomatisch und sympathisch“ vertreten werde. Erstmals sind in Österreich auch gleich viel Männer wie Frauen im Kabinett. Zwei wichtige Besetzungen standen bereits vergangene Woche fest: das Außen- und das Justizressort.

Alle Parteien sind zufrieden

Der 70-jährige ehemalige Präsident des Verwaltungsgerichtshofs, Clemens Jabloner, wurde Justizminister; er hat sich als Vorsitzender einer Historikerkommission zur NS-Zeit von 1998 bis 2003 einen guten Ruf erworben. Politisch wird er seit jeher den Sozialdemokraten zugerechnet. Der neue Außenminister Alexander Schallenberg gilt als rechte Hand von Bierleins Vorgänger Sebastian Kurz und leitete für ihn die EU-Koordination.

Überhaupt war man bei der Auswahl des Kabinetts offenbar sehr darauf bedacht, keine der fünf Parlamentsparteien zu brüskieren und doch auch Persönlichkeiten auszuwählen, die für alle akzeptabel waren. Unproblematisch war wohl Eduard Müller fürs Finanzressort. Der Steuerexperte war zuvor dort hoher Beamter. Auch andere Minister sind Experten, die schon lange im jeweiligen Ministerium gearbeitet haben – so etwa Sozialministerin Brigitte Zarfl, Wirtschaftsministerin Elisabeth Udolf-Strobl, Frauenministerin Ines Stilling, Bildungsministerin Iris Eliisa Rauskala und die Ministerin für Nachhaltigkeit, Maria Patek.

Umstritten bei Linken und bei Liberalen ist Verkehrsminister Andreas Reichhardt, von dem Fotos publik wurden, die ihn bei rechtsextremen Wehrsportübungen mit Ex-FPÖ-Chef Heinz Christian Strache zeigen. Der Burschenschafter Reichhardt sitzt im Aufsichtsrat der Straßenbaugesellschaft Asfinag und der Österreichischen Bundesbahnen. Gestritten wurde auch über die Person des Innenministers. Eigentlich sollte Polizeidirektor Andreas Pilsl das Amt übernehmen, doch die FPÖ protestierte, weil sie bei Pilsl alte ÖVP-Seilschaften vermutete. Nun hat den Posten Wolfgang Peschorn übernommen. Er war quasi Chef-Anwalt der Republik fürs Ausland. Peschorn kommt also von außen und wurde bekannt, weil er zur Aufarbeitung der Affäre rund um die Hypo Alpe-Adria und der Eurofighter-Vergabe beitrug. Überraschend ist die Person des neuen Verteidigungsministers: Brigadegeneral Thomas Starlinger war zuletzt Adjutant Van der Bellens.

Alle Parteien scheinen zufrieden, weshalb die Regierung Bierlein wohl bis zu den Neuwahlen im September im Amt bleiben wird. Bundespräsident Van der Bellen strahlte seit Beginn der Regierungskrise vor zwei Wochen viel Ruhe und Zusammenhalt aus. Und auch am Montag fand er wieder salbungsvolle Worte: „Wir werden das schon schaffen, in guter österreichischer Manier.“

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