Klimaveränderung in Österreich: Grüne gehen auf Sebastian Kurz zu

Ein Modell für Deutschland? Eine Koalition von ÖVP und Ökopartei hätte für den österreichischen Grünen-Chef Kogler auch auf „europäischer Ebene“ Bedeutung.
In der vorigen österreichischen Koalition steckte viel Blau – also viel FPÖ –, was durchaus dem Türkis der ÖVP nahe war. Nun geht es darum, herauszufinden, wie viel Grünanteil im Türkis steckt, damit eine Zusammenarbeit der Grünen und der Konservativen gedeihen kann.
Immerhin: In der Geschichte der Österreichischen Volkspartei hat es öfter grüne Einsprengsel gegeben. So hatte etwa der einstige Landwirtschaftsminister und spätere ÖVP-Obmann Josef Riegler bereits 1987 das „strategische Dreieck“ der ökosozialen Marktwirtschaft formuliert: Sie solle „ökonomisch leistungsfähig, sozial orientiert, ökologisch verantwortungsvoll“ sein.
Grüne treten in Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP von Sebastian Kurz ein
32 Jahre später treten die Grünen in ernsthafte Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP ein. Dies gaben am Sonntag Grünen-Chef Werner Kogler und einen Tag später ÖVP-Obmann Sebastian Kurz bekannt. Der Beschluss der Grünen erfolgte einstimmig – die extrem linken Wiener Grünen schossen wohl nicht quer. Wiewohl die beiden Parteien überhaupt sehr wenig über die Gespräche im Winterpalais des Prinz Eugen verrieten. Das Klima sei freundlich, wurde betont. Man habe eine wechselseitige Vertrauensbasis geschaffen.
Klar ist, dass die Koalitionsverhandlungen lange dauern werden. Kurz sagte am Montag, zwei Monate seien angesichts der sehr unterschiedlichen Positionen „ein ambitionierter Zeitraum“. Die Grünen hätten vor allem bei Umwelt und Klimaschutz klare Positionen und die ÖVP sei für ihre Haltung zum Wirtschaftsstandort, zu Migration, Sicherheit und Steuern gewählt worden. Kurz betonte aber, dass man „ehrlich, respektvoll und ergebnisoffen“ miteinander reden werde. Ein Scheitern wird nicht ausgeschlossen, aber Kurz versichert, keine Parallelverhandlungen führen zu wollen. Der Parteiobmann der FPÖ, Norbert Hofer, hatte mehrfach gesagt, er sei willens, über eine Wiederauflage von Türkis-Blau zu reden.
Auch das dürfte die Einigkeit der Grünen weiter bestärkt haben. An ihrer Spitze haben gerade die Pragmatiker Oberwasser. Werner Kogler betonte, dass die Verhandlungen ein „Wagnis“ seien und man Pionierarbeit leisten müsse, weil die Grünen auf Bundesebene noch nie in Regierungsverantwortung waren. Er erinnerte daran, dass sie aus dem vorigen Parlament rausgeflogen waren. Die Rückkehr im September mit einem Wahlergebnis von 13,9 Prozent war dann so etwas wie „das größte Comeback seit Lazarus“ wie die Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger es formulierte.
Österreich: Klimaschutz ist für die Grünen zentral
Kogler sagte am Sonntag, dass es auch darum gehe, die Gräben, die es seit dem Bundespräsidentschaftswahlkampf gibt, zu überwinden. Tatsächlich hat auch die Flüchtlingskrise Österreich gespalten. Aber „unsere Hand zur ÖVP ist ausgestreckt“, so Kogler. „Wie es ausgeht, wissen wir nicht. Wir verhandeln aber nicht auf Scheitern. Es wird aber zusammenpassen müssen.“ Der Grünen-Chef verortete sein Land aber auch „in Westeuropa“, was Anbiederungen an die Visegrad-Gruppe auf dem Balkan einen grünen Riegel vorschiebt. Eine Koalition von ÖVP und Ökopartei hätte für Kogler dann auch auf „europäischer Ebene“ Bedeutung. Damit spielte er darauf an, dass Österreich auch für Deutschland ein Modell sein könnte.
Den Grünen sind Kampf gegen Kinderarmut und Korruption, Bildungsreform und ein Informationsfreiheitsgesetz wichtig. Migration sprach Kogler nicht an – offenbar ist klar, dass die ÖVP da hart bleiben will, auch als Front gegen die FPÖ. Der Kernauftrag aber sei ohnehin, so Kogler, „Ökologie und Ökonomie unter einen Hut“ zu bringen – also den Klimaschutz. Kurz findet den Austausch mit Kogler „durchaus interessant“. Und der philosophierte über Österreich: „Letztendlich haben dann oft fast unmöglich scheinende Kompromisse doch Geschichte geschrieben.“