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Warum Ökoworld doch keine Strafen der Klima-Aktivist:innen übernehmen will

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Von: Max Müller

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Ein Polizeibeamter löst die Hand eines Klimaaktivisten von der Straße vor der Siegessäule in Berlin.
Ein Polizeibeamter löst die Hand eines Klimaaktivisten von der Straße vor der Siegessäule in Berlin. © Kay Nietfeld/dpa

Die Proteste der „Letzten Generation“ ziehen regelmäßig Geldstrafen nach sich. Ein Unternehmen wollte diese komplett übernehmen – und zieht nun doch zurück.

Köln – Die Börse und die „Letzte Generation“: Am Dienstag wurde zunächst bekannt, dass sich zwei Parteien verbrüdert haben, die bisher eher als Antagonisten wahrgenommen wurden. Das Unternehmen Ökoworld aus Hilden in Nordrhein-Westfalen hatte angekündigt, alle Strafen der „Letzten Generation“ zu übernehmen. Laut den Klima-Aktivsten wäre Ökoworld das erste börsennotierte Unternehmen, das die Aktionen der Umweltbewegung finanziell unterstützt.

Doch am Donnerstag dann die Wende: Offensichtlich hatte Ökoworld nicht mit einem so großen Echo gerechnet. Es sei nicht die Intention, „zu Straftaten anzustiften, einen Freibrief für Straftaten auszustellen oder das Gesetz zu relativieren.“ Mitarbeiter des Unternehmens seien persönlich angegriffen worden.

Die 1999 gegründete, börsennotierte Ökoworld AG (vormals versiko AG) arbeitet im Bereich ethisch-ökologischer Kapitalanlagen. Das Ziel, Gutes im Sinne der Umwelt zu tun, lässt sich schon in der Satzung nachlesen. Auf seiner Website bezeichnet das Unternehmen sich als „ethisch-ökologisch-soziale Vermögensberatung“. 

Ökoworld unterstützt „Letzte Generation“: Klimaschutz sei ein „Notfall“

Dabei war für Alfred Platow, den 76-jährigen Gründer und Vorstandsvorsitzenden der Firma, die Sache eigentlich klar: „Wir unterstützten alle Menschen, die sich mutig für das Klima einsetzen und durch ihr engagiertes Handeln provozieren, zum Nachdenken anregen und Dinge auch politisch in Bewegung bringen. Auch dann, wenn es spaltet und schockiert“, sagte er auf Anfrage unserer Redaktion. Das Ziel von Platow: Man solle sich über die Aktionen der „Letzten Generation“ unterhalten und „auch gerne gemeinsam aufregen.“

Dabei nimmt der ehemalige Hausbesetzer Platow auch den konservativen Teil der Gesellschaft in die Pflicht: „Ich habe die Erwartungshaltung, dass auch bürgerliche und zurückhaltende Menschen, die nicht auf Großdemonstrationen gehen, erkennen, dass diese Menschen, die hier für den Klimaschutz aus der Reihe tanzen, Respekt und Wertschätzung dafür verdienen.“ Der Klimaschutz sei ein „Notfall“ – und deswegen sei das Festkleben gerechtfertigt.

Ökoworld und die Umweltbewegung: 50.000 Euro Spende für Lützerath

Zunächst es hieß es, dass es um Strafgelder geht, die einzelne Bundesländer für die Proteste erlassen. Bußgelder, Polizeieinsätze, Schadensersatzforderungen: Je größer der Aufwand, um die Aktivist:innen von der Straße loszumachen, desto höher die Strafe. Nach Zahlung der Strafe durch den oder die Täter, die sich für den Klimaschutz festgeklebt haben, könne der Beleg eingereicht werden – anschließend würde der Betrag auf das jeweilige Privatkonto erstattet, hieß es in einer Mitteilung des Unternehmens.

Dieses Prozedere korrigierte Ökoworld nun. „Um die Proteste für den Klimaschutz zu unterstützen, werde ich einen Betrag in Höhe von 20.000 Euro in den Umwelt-Treuhandfonds überweisen. Dieses Geld kommt ausschließlich aus privaten Quellen von Gleichgesinnten und Weggefährt:innen. Ich betone, dass weder das Sondervermögen der Ökoworld-Fonds noch Firmengelder hier eingesetzt werden“, sagte Platow.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Ökoworld in der Klimabewegung engagiert. Als Anfang des Jahres Lützerath geräumt wurde, habe das Unternehmen die Aktivist:innen mit 50.000 Euro unterstützt, so der Gründer. Eine Spende, für die es nicht nur Beifall gab. Das gleiche Bild zeichne sich jetzt erneut ab. „Die ersten Reaktionen auf unsere Pressemeldung zeigen, dass viele Anleger unsere Initiative unterstützen und befürworten. Andere wundern sich und reagieren auch mit Unverständnis, Ratlosigkeit und Kritik“, sagte Platow.

Am größten dürfte die Freude bei der „Letzten Generation“ selbst sein. „Damit ist eine wichtige Hürde gefallen, sich an den Protesten zu beteiligen. Wir rufen für die kommenden Wochen zu weiteren Protesten auf“, kündigte Jakob Beyer, Sprecher der „Letzten Generation“, an.

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