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Mehr Kamin- und Kachelöfen: Was das für Klima und Gesundheit bedeutet

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Von: Joachim Wille

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Ein prasselndes Feuer im Kaminofen ist für viele Menschen der Inbegriff der Gemütlichkeit - und Gas spart es auch. F. Rumpenhorst/dpa
Ein prasselndes Feuer im Kaminofen ist für viele Menschen der Inbegriff der Gemütlichkeit - und Gas spart es auch. F. Rumpenhorst/dpa © Frank Rumpenhorst/dpa

Kamin- und Kachelöfen sind beliebt. Aber wer Bäume verbrennt, lässt den Schornstein qualmen. Immerhin können Filter den Feinstaub-Ausstoß stark senken.

Mit Holz heizen liegt im Trend. Nicht nur, weil es gemütlich ist, im Winter vor dem Kaminofen zu sitzen, in dem das Feuer vor sich hin prasselt. Im letzten Jahr hat die von Putins Ukraine-Krieg ausgelöste Energiekrise zu einem wahren Boom bei der Holzverbrennung geführt, obwohl die Preise für den Brennstoff neue Rekorde erreichten. Besitzer:innen von frei stehenden Holzöfen und von Kachelöfen werfen diese nun auch an, um Erdgas oder Erdöl zu sparen. Und da es sich bei Holz um einen nachwachsenden Rohstoff handelt, spielt bei vielen auch der Gedanke eine Rolle, dabei etwas für den Klimaschutz zu tun.

Doch der Holzfeuer-Boom hat seine Schattenseiten. Bei der Verbrennung entstehen große Mengen Schadstoffe, vor allem Feinstaub und Ruß. Laut Umweltbundesamt stoßen die Holzfeuerungsanlagen in Haushalten rund 25.000 Tonnen Feinstaub der besonders gefährlichen PM 2,5-Klasse sowie rund 8000 Tonnen Ruß aus. Das sind dramatische Werte, sie liegen höher als die des Straßenverkehrs.

Zehntausende Todesfälle gehen auf ultrafeine Partikel zurück

Epidemiolog:innen schätzen, dass deutschlandweit jährlich insgesamt rund 53.000 vorzeitige Todesfälle auf die ultrafeinen Partikel zurückgehen, die unter anderem aus den Schornsteinen kommen, sich in der Umgebungsluft ausbreiten und eingeatmet werden.

Sie verursachen vor allem Atemwegs- sowie Herz-Kreislauf-Krankheiten, sind aber auch als Ursache für Demenz im Verdacht. „Jeder und jedem, der einen Ofen betreibt, muss klar sein, wie gravierend das Problem ist“, sagt der freie Umweltberater und Schadstoff-Experte Axel Friedrich, der lange Jahre in führender Position beim Umweltbundesamt gearbeitet hat. Er hat eine gute Nachricht: „Die Schadstoffe können durch moderne Filter fast komplett aus dem Rauchgas im Schornstein beseitigt werden. Über 90 Prozent Minderung sind drin“, sagt er. Dabei handelt es sich um besonders effiziente Neuentwicklungen.

Abscheider für Feinstaub, die in das Abgasrohr eingebaut werden, gibt es bereits seit einigen Jahren. Doch die extrem guten Werte werden erst mit den neuen elektrostatischen Geräten erreicht, die das vom Umweltbundesamt vergebene Ökosiegel „Blauer Engel“ bekommen haben. Die Partikel werden elektrostatisch aufgeladen und ballen sich zusammen, werden dann verbrannt oder beim Kehren des Kamins entfernt. Es gibt die effizienten Filter bisher von vier Herstellern: Exodraft, Kutzner+Weber, Ökosolve und Schräder. Die Kosten liegen mit 1700 bis 2500 Euro noch sehr hoch, könnten aber, so Friedrichs Schätzung, auf rund 1000 Euro sinken, wenn die bisher noch geringen Stückzahlen ordentlich ansteigen.

FEINSTAUB-SCHLEUDERN

In Deutschland gibt es laut Umweltbundesamt etwa 11,2 Millionen sogenannter Einzelraumfeuerungsanlagen. Das sind beispielsweise Kaminöfen oder Kachelöfen, die mit Holz oder Kohle beheizt werden.

Holzfeuerungsanlagen verursachen viel Feinstaub und andere Luftschadstoffe, etwa organische Verbindungen aus einer unvollständigen Verbrennung. Hauptverursacher des hohen Schadstoff-Ausstoßes sind zumeist ältere Einzelraumfeuerungen, die bei gleichem Energieeinsatz um ein Vielfaches höhere Emissionen als moderne Anlagen verursachen.

Wie viel Feinstaub tatsächlich ausgestoßen wird, hängt allerdings auch von der Art der Befeuerung, dem Wartungszustand der Anlagen sowie der Auswahl und Qualität des genutzten Holzes ab. Der Anteil von Holzpellets-Anlagen am Schadstoff-Ausstoß ist vergleichsweise gering. jw

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Kamin- und Kachelöfen: 4,6 Millionen erfüllen Abgas-Grenzwerte nicht

Das Potenzial dafür gibt es. Denn mehr als drei Millionen der hierzulande insgesamt installierten rund 4,6 Millionen Holzfeuerungen erfüllen die Abgas-Grenzwerte nicht, die das Bundesimmissionsschutz-Gesetz ab Anfang 2025 vorschreibt – maximal 0,15 Gramm Feinstaub pro Kubikmeter und vier Gramm Kohlenmonoxid pro Kubikmeter. Problem dabei: Bisher können die Filter Friedrich zufolge nur in Kombination mit neuen Öfen eingebaut werden, es fehle noch die Zulassung für eine Nachrüstung bestehender Anlagen. Der Experte, der als Berater für die Bundesregierung und Umweltverbände wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) tätig ist, wirbt dafür, dass die schnell kommt. „Wenn Filter eingebaut werden, dann sollten es gleich die besten sein“, argumentiert er.

Wie gut die moderne Technologie funktioniert, hat Friedrich in dieser Woche in einem Reihenhaus in Kassel untersucht, in das kürzlich ein neuer Scheitholz-Kaminofen mit einem der effizienten Filter eingebaut wurde. Es war, so der Experte, der erste in Deutschland durchgeführte herstellerunabhängige Test in einem Privathaus. Friedrich stieg dort mit einem Messgerät aufs Dach, um den Abgasstrom am Auslass des Kamins per Sonde zu analysieren.

Filter können 90 Prozent der ultrafeinen Partikel verringern

Er zeigte sich danach hochzufrieden: „Durch den Betrieb des Abscheiders wurden die ultrafeinen Partikel um 90 Prozent verringert“, berichtet er. Damit sei die Anlage auch zukunftssicher. Denn der Abgas-Wert sei so niedrig, dass die Betriebserlaubnis auch bei der zu erwartenden weiteren Verschärfung der Grenzwerte bestehen bleibe. Auch der für Kassel zuständige Bezirksschornsteinfeger Wolfgang Truß, der bei dem Test zugegen war, zeigte sich beeindruckt: „Die Rauchfahne besteht überwiegend aus Wasserdampf“, erläuterte er. Es gebe keinen „Schwärzungsgrad“. Fazit: Das sei „eine sehr saubere Verbrennung“. Wer so heizt, trägt also nur sehr wenig zur Luftverschmutzung bei.

Bleibt also nur noch die Frage, ob Holz überhaupt für Heizzwecke eingesetzt werden sollte. Darüber wird in letzter Zeit heftig diskutiert – vor allem, seitdem das Umweltbundesamt im vergangenen Jahr genauso wie Umweltverbände dagegen Front gemacht hatten und zumindest einen weiteren Ausbau der Holzfeuerung ablehnten. „Holz sollte im Wald verbleiben oder in langlebigen Produkten verarbeitet werden“, riet Behörden-Chef Dirk Messer.

Helmut Holzapfel, der Besitzer des Kasseler Reihenhauses, in dem der Feinstaub-Filter läuft, sieht das nicht so apodiktisch. Der emeritierte Verkehrsprofessor wohnt in einem gedämmten Haus mit Energiespar-Fenstern, das einen geringen Heizbedarf hat. „Auch bei Holz gilt es, Energie zu sparen“, sagt er. Bei geringem Verbrauch sei eine solche Heizung vertretbar. „Der neue, sehr effektive Ofen erlaubt es uns, auf die Erdgas-Heizung zu verzichten und aus dem fossilen Energieträger auszusteigen.“ Und richtig: Würden alle anderen Holzheizer:innen es ihm nachtun, wäre wohl viel gewonnen – für das Klima und saubere Luft. (Joachim Wille)

Die Energieexpertin Claudia Kemfert ist sich sicher, dass die fossile Energiekrise Deutschland noch lange begleiten wird.

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