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„Verrat“ nach Erdbeben in der Türkei? Roter Halbmond macht Millionengeschäft

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Von: Erkan Pehlivan

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Erdogan nannte die Kritiker der Organisation „ehrenlos“: Der Türkische Rote Halbmond hat Zelte nicht kostenlos an Bedürftige verteilt, sondern verkauft. 

Ankara – Erneut steht der Türkische Rote Halbmond in der Kritik. Die Organisation hat Zelte für Erdbebenopfer an eine andere Hilfsorganisation offenbar nicht gespendet, sondern verkauft. Wie die Zeitung Cumhuriyet am Sonntag berichtete, verkaufte der Rote Halbmond 2050 Zelte an die Hilfsorganisation „Ahbap“ - für umgerechnet knapp 2,3 Millionen Euro. Der Präsident des türkischen Roten Halbmonds, Kerem Kinik, bestätigte im Kurznachrichtendienst Twitter, dass „Kizilay Cadir“, eine für die Herstellung der Zelte zuständige Tochtergesellschaft seiner Organisation, sie Ahbap „zum Selbstkostenpreis“ zur Verfügung gestellt habe.

Der Türkische Rote Halbmond verkauft Zelte an Erdbebenopfer. (Symbolfoto)
Eine Notunterkunft für Erdbebenopfer. © Hussein Malla/dpa

Inzwischen ist publik, dass Ahbap nicht nur Zelte vom Roten Halbmond gekauft hat, sondern auch Lebensmittelkonserven, um die Menschen im Erdbebengebiet mit warmem Essen versorgen zu können. „Wir haben vom Roten Halbmond Bohnen gekauft“, sagte der Vorsitzende von Ahbap und Musiker Haluk Levent dem Sender Fox TV.

Skandal nach Erdbeben: HDP will Türkischen Roten Halbmond zur Rechenschaft ziehen

Die Opposition kritisiert die Zeltverkäufe durch den Roten Halbmond an Ahbap. „Die Regierung schämt sich nicht, in einer solchen Zeit diesen Handel zu verteidigen. Der Rote Halbmond denkt nicht an das Volk, sondern an Profit. Ihre Erklärung ist der Beweis der Erosion. Ihr werdet zur Rechenschaft gezogen“, teilte die pro-kurdische HDP auf Twitter mit.

„Während die Menschen erfroren sind, weil sie keine Zelte haben, hat der Rote Halbmond die Zelte des Volkes verkauft“, schrieb der Abgeordnete Murat Cepni ebenfalls auf Twitter. Auch die oppositionelle CHP kritisierte den türkischen Roten Halbmond. „In solchen Zeiten Zelte verkaufen ist gleichzusetzen mit Vaterlandsverrat“, sagte der Abgeordnete Fikret Sahin in einer Pressekonferenz im Parlament. Bei den Protesten der linken „Türkiye İşçi Partisi“ TIP (Türkische Arbeiterpartei) dazu am Sonntag (26. Februar) in Istanbul hatte die Polizei mehrere Demonstranten festgenommen.

Hilfsorganisation Roter Halbmond steht AKP-Regierung nahe

Immer wieder wird die AKP-Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan auch dafür kritisiert, dass der Rote Halbmond von inkompetenten Personen geleitet werde. Generaldirektor des türkischen Halbmondes ist Ibrahim Altan, ein Theologe. Ähnlich sieht es auch in der osttürkischen Provinz Elazig aus. Der Leiter des Türkischen Roten Halbmondes dort ist Cetin Aktas, ebenfalls ein Theologe.

Tekin Kücükali, ein ehemaliger Generaldirektor des Türkischen Halbmondes, kritisierte die neue Organisationsstruktur der Organisation. „Der Rote Halbmond hat zwölf Firmen. Es ist eine Holding. In meiner Zeit gab es elf Leiter, einen Direktor und drei stellvertretende Direktoren. Jetzt gibt es 82 Leitungspersonen“, kritisierte Kücükali im TV-Kanal TV100. „Jeder von ihnen bekommt vom Roten Halbmond 300.000 TL Gehalt im Monat“.

Nach dem Erdbeben in der Türkei hatte der Erdogan Kritiker des Roten Halbmondes als ehrlos und niederträchtig bezeichnet. Zuvor hatten Erdbebenopfer und Oppositionsparteien immer wieder vom Organisationschaos beim Roten Halbmond berichtet, weil viele Erdbebenopfer auch Tage später keine Zelte und Essen bekommen hatten. Die Zahl der Toten liegt nach offiziellen Angaben in der Türkei bei über 45.000. Die Oppositionspartei CHP geht dagegen von bis zu 280.000 Toten aus. (ep/AFP)

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