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Neonazis stehen vor Gericht

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Von: Andreas Förster

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Blick auf die Startseite der mittlerweile verbotenen Altermedia-Seite.
Blick auf die Startseite der mittlerweile verbotenen Altermedia-Seite. © dpa

In Stuttgart beginnt der Prozess gegen die Betreiber des rechtsextremistischen Internetportals Altermedia. Es wurde Anfang 2016 verboten.

Blogs, geschlossene Chatforen, das Darknet und soziale Netzwerke wie Facebook und Instagram haben sich auch für Neonazis und Rechtsextremisten zu zentralen Kommunikationskanälen entwickelt. Ein Internetportal wie das deutsche Altermedia, das jahrelang offen neonazistische Propaganda verbreitete und der rechten Szene einen Meinungsaustausch anbot, war deshalb schon ein Anachronismus, als es im Januar 2016 vom Bundesinnenminister verboten wurde. Nun wird den Betreibern von Altermedia der Prozess gemacht – in Stuttgart-Stammheim müssen sich von Donnerstag an fünf Angeklagte wegen des Vorwurfs der Bildung einer rechtsextremistischen kriminellen Vereinigung verantworten.

Internetportal Altermedia verbreitet rechtsextreme Propaganda

Altermedia war nach der Jahrtausendwende als internationales Netzportal für die neonazistische Bewegung gegründet worden. Ihre Hauptseite wird in den USA betrieben von David Duke, dem ehemaligen Anführer des Ku-Klux-Klan und selbsterklärten Trump-Anhänger, der vor einem Monat zu den Wortführern des Naziaufmarsches im amerikanischen Charlottesville gehörte. 2003 war der deutsche Altermedia-Ableger online gegangen.

Auf dem Portal wurden fortan antisemitische und rassistische Beiträge und Kommentare, rechte Propaganda sowie Berichte von Aktionen und Demonstrationen samt Fotos und Videos veröffentlicht. Die Internetseite, die mit jährlich etwa fünf Millionen Aufrufen lange Zeit als bundesweit bedeutendstes rechtes Internetportal galt, schuf auf diese Weise eine neue Form der Bindung und Kommunikation unter den Rechten. Altermedia wurde aber nicht nur in der Szene geschätzt, sondern auch vom Verfassungsschutz, für den die Seite eine reichhaltige Informationsquelle war.

Obwohl im Oktober 2011 die beiden damaligen Betreiber der Plattform wegen Volksverhetzung und Aufrufen zu Straftaten verurteilt wurden und längere Haftstrafen antreten mussten, blieb Altermedia vorerst weiter online. Die nun in Stuttgart vor Gericht stehenden Angeklagten sollen spätestens von 2012 an die Netzseite betrieben haben.

Lange Haftstrafen drohen

Unabhängig davon, dass Altermedia wegen der Konkurrenz durch die sozialen Netzwerke zuletzt an Bedeutung für die Szene stark verloren hatte, wirft die Anklage den Betreibern die „massenhafte und systematische Verbreitung rechtsextremistischen und nationalsozialistischen Gedankenguts“ sowie volksverhetzende Äußerungen vor.

„Diese reichten von Gewaltaufrufen gegen in Deutschland lebende Ausländer über die Verächtlichmachung von Menschen anderen Glaubens und anderer Hautfarbe bis hin zur Leugnung des Holocausts“, heißt es in der Anklage. So hätten die Altermedia-Betreiber „eine ideologisch geprägte Berichterstattung und damit eine rechtsextremistische Gegenöffentlichkeit“ schaffen wollen. Da die Inhalte des Internetportals weltweit und frei zugänglich verbreitet wurden, sollten sie laut Bundesanwaltschaft auch andere Rechtsextremisten zu Straftaten ermuntern „und dadurch ein Klima der Angst bei den betroffenen Personengruppen schaffen“.

Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts

Den angeklagten drei Frauen und zwei Männern, die zwischen 28 und 63 Jahre alt sind, drohen bei einer Verurteilung im Prozess vor dem Oberlandesgericht langjährige Haftstrafen. Sie stammen aus Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Thüringen. Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft in Frankfurt die Ermittlungen gegen die Altermedia-Betreiber geführt. Im Dezember 2014 übernahm die Bundesanwaltschaft das Verfahren. „Mit Blick auf das Ansehen der Bundesrepublik im Ausland“ sei eine Übernahme in die Strafverfolgung des Bundes geboten gewesen, begründete damals ein Sprecher der Behörde die Entscheidung.

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