Mord vor 31 Jahren: Neonazi droht Haftstrafe für Brandanschlag

Im Prozess um den Tod des Geflüchteten Samuel Yeboah bleibt offen, ob es ein Geständnis des Angeklagten geben wird. Dessen Schuld sieht das Gericht als erwiesen.
Koblenz – Gesteht er nun oder nicht? Ein leicht genervter Unterton war herauszuhören, als Konrad Leitges, der Vorsitzende des Staatsschutzsenats am Oberlandesgericht in Koblenz, am Dienstag den Stand der Dinge im Prozess um den rassistischen Mord an dem ghanaischen Geflüchteten Samuel Yeboah vor mehr als 31 Jahren in Saarlouis zusammenfasste. „Wir wissen noch nichts“, sagte er mit Blick auf die Verteidigung. Doch Rechtsanwalt Kai-Daniel Weil schwieg, wie er e am ganzen 23. Verhandlungstag getan hatte.
Nazi im Visier: Kopf der Skinheadszene im Saarland
Dabei ist seit den beiden vorangegangenen Prozesstagen vor drei Wochen klar, dass die Luft für den Angeklagten Peter S. immer dünner wird, und er eigentlich nur noch die Flucht nach vorne antreten kann. Dem früheren Aktivposten der neonazistischen Skinheadszene im Saarland wird vorgeworfen, am frühen Morgen des 19. September 1991 Feuer in einem ehemaligen Gasthaus in Saarlouis gelegt zu haben, in dem damals rund 20 Geflüchtete lebten. Einer von ihnen, der 27 Jahre alte Samuel Yeboah, starb in den Flammen.
Peter S. bestritt lange jede Tatbeteiligung. Im Jahr 2007 aber soll er den Brandanschlag gegenüber einer Zufallsbekannten bei einem Grillfest eingeräumt und gesagt haben: „Das war ich. Und sie haben mich nie erwischt.“ Die Frau hat sich aber erst zwölf Jahre später bei der Polizei gemeldet: Sie habe einen Artikel über ungeklärte Mordfälle im Saarland gelesen und sich plötzlich an die bizarre Begegnung auf der Bierbank erinnert. Als Hauptbelastungszeugin sorgte sie dafür, dass die längst eingestellten Ermittlungen wieder aufgenommen wurden, brachte Peter S. auf die Anklagebank, und wohl auch ins Gefängnis.
Denn das Gericht, das sie zwei Tage lang vernommen hat und am Ende sogar den Eid auf ihre Angaben schwören ließ, glaubt ihr. Nach „vorläufiger tatsächlicher und rechtlicher Würdigung“ halte man den Anklagevorwurf für erwiesen, eröffnete Senatsvorsitzender Leitges den Verfahrensbeteiligten Ende März und regte deshalb an, über eine verfahrensverkürzende Verständigung zu reden, sprich: einen Deal über das Strafmaß zu vereinbaren.
Deal zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung scheitert
Mehrere Stunden wurde daraufhin hinter verschlossenen Türen gerungen, dann stand das Angebot an den Angeklagten. Für ein „glaubhaftes und qualifiziertes“ Geständnis könne er mit einer Jugendstrafe zwischen fünfeinhalb und knapp sieben Jahren rechnen. Vorausgesetzt, sagte Leitges, es werde Jugendstrafrecht angewendet, was aber „naheliegend“ sei. Zur Tatzeit war der heute 51-Jährige heranwachsend.
Am Dienstag nun wurde mit Spannung die Antwort von Peter S. erwartet. Doch die kam nicht. Der Grund: Die Bundesanwaltschaft hatte ihre Zustimmung im Nachhinein davon abhängig gemacht, dass der vereinbarte Strafrahmen um ein Jahr nach oben verschoben wird – auf maximal sieben Jahre und zehn Monate Jugendhaft also. Der Deal war damit geplatzt. „Dann halten wir fest, dass eine Verständigung nicht zustande gekommen ist“, sagte der Vorsitzende Richter – „jedenfalls nicht auf Grundlage des Vorschlags des Senats.“ Aber vielleicht auf einer anderen?
Die Verteidigung ließ sich dazu am Rande keine klaren Aussagen entlocken. Grundsätzlich sei man „offen“, sagte Rechtsanwalt Weil, man „werde das Verfahren weiter konstruktiv begleiten.“ Erst einmal aber wird so weiter verhandelt, als wäre nichts gewesen. Der Prozess ist noch bis Mitte Juni terminiert.