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Wegen maroder Bundeswehr: Zweifel an Nato-Schutzschirm für alle

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Von: Stephanie Munk

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Eine aktuelle Umfrage gibt Aufschluss darüber, was die Menschen in den USA von der Nato halten. Ein Ergebnis könnte Deutschland zu denken geben. 

Washington, D.C. - Zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts sollen die Nato-Mitgliedsstaaten jährlich ausgeben, um das westliche Militärbündnis verteidigungsbereit zu halten. Dieses Ziel haben sich die Nato-Staaten 2014 selbst gesetzt. Doch ungeachtet der durch Kanzler Olaf Scholz verordneten Zeitenwende hat Deutschland dieses Ziel auch 2022 wieder deutlich verfehlt: Es steuerte nur 1,49 Prozent des BIPs für die Nato bei.

Unmut wegen Deutschlands finanzieller Zurückhaltung in Sachen Nato gab es schon des Öfteren. Ex-US-Präsident Donald Trump pochte während seiner Amtszeit besonders vehement auf eine Erhöhung der deutschen Militärausgaben. 2020 kündigte er sogar den Austritt aus dem Bündnis an, sollte Deutschland seine Hausaufgaben nicht machen. Erst vor wenigen Monaten drohten einige Nato-Verbündete außerdem mit einer deutlichen Verschärfung der Regeln.

Bundeswehrsoldaten
Deutschland will laut Kanzler Olaf Scholz Schluss machen „mit der Vernachlässigung der Bundeswehr“. © Sina Schuldt/dpa/Symbolbild

Deutschland zahlt zu wenig für die Nato - US-Bürger reagieren in Umfrage

Doch auch in Zeiten des Ukraine-Kriegs, der eine starke Nato umso dringender erscheinen lässt, erhöhte sich die deutschen Verteidigungsausgaben nicht. Im Gegenteil: Sie sanken sogar. Eine Tatsache, die offenbar auch den Menschen in den USA nicht schmeckt.

In einer aktuellen Umfrage im Auftrag des Nachrichtenportals Newsweek wurde gefragt, ob auch Länder wie Deutschland, die zu wenig Geld beisteuern, unter den Nato-Bündnisfall fallen sollen. Dieser besagt, dass ein Nato-Land kollektiv verteidigt wird, sollte es von einem Drittstaat angegriffen werden. 52 Prozent der Befragten stimmten dem nicht zu: 30 Prozent lehnten es komplett ab, dass zu wenig zahlende Länder im Ernstfall verteidigt werden. 22 Prozent waren sich unsicher. 48 Prozent stimmten dafür, dass auch Länder unter den Schutzschirm fallen sollen, die das Zwei-Prozent-Ziel nicht einhalten.

Ins Bild passt, dass der Chef des Rüstungsunternehmens Hensoldt, Thomas Müller, in einem aktuellen Interview mit dem Handelsblatt davor warnte, dass sich Europa bei der Nato zu sehr auf die USA verlässt: „Wenn man dem US-Präsidenten Joe Biden genau zuhört, dann sagt er das Gleiche wie vor ihm schon Donald Trump und Barack Obama: Uncle Sam wird nicht mehr den Schutzschirm über Europa halten. Kümmert euch um euch selbst.“

Nato-Ausgaben: Mehrere Länder halten Zwei-Prozent-Ziel nicht ein

Den höchsten Beitrag zur Nato steuert laut NTV aktuell Griechenland zu Nato bei: 3,76 des Bruttoinlandsprodukts. Dann folgen die USA mit 3,47 Prozent. Deutschland ist nicht das einzige Land, das dem Ziel von zwei Prozent nicht nachkommt: Auch Kanada, Italien und die Niederlande hinken hinterher. Vorbildlich der Vereinbarung nach kommen dagegen östliche EU-Länder wie Lettland, Polen, Litauen und Estland, aber auch Großbritannien. Frankreich liegt mit 1,9 Prozent im Jahr 2022 knapp darunter.

Kanzler Scholz (SPD) hatte im Februar auf der Münchner Sicherheitskonferenz das Ziel bekräftigt, die deutschen Verteidigungsausgaben „dauerhaft auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts“ anzuheben. Deutschland mache „Schluss mit der Vernachlässigung der Bundeswehr“, betonte Scholz. Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius kündigte einen Kurswechsel an. Nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) wird Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel jedoch voraussichtlich erst 2024 und 2025 erreichen.

Nato-Bündnisfall: Charta macht derzeit keinen Unterschied je nach Ausgaben

Die Nato-Charta macht derzeit keinen Unterschied zwischen Staaten, die unterschiedliche Beträge zur Vereidigung beisteuern. Auch, weil das Zwei-Prozent-Ziel erst seit 2014 gilt. Nach Einschätzung von Newsweek deuten die Umfrageergebnisse jedoch auf „die tief sitzende amerikanische Frustration über Verbündete hin, die als nicht durchsetzungsfähig wahrgenommen werden“ - vor allem angesichts des Krieges Russlands gegen den Ukraine. (smu mit Material von AFP)

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