Moscheeverband DITIB „wählt“ neuen Vorstand – Ankara bestimmt

Der Moscheeverband DITIB „wählt“ am Sonntag einen neuen Vorstand. Dieser wird allerdings von der türkischen Religionsbehörde Diyanet bestimmt.
Köln - Die Vorstandswahlen im Moscheeverband DITIB am kommenden Sonntag werfen Fragen auf. Die Kandidaten werden offenbar aus Ankara bestimmt. Möglich macht das die Satzung des Vereins, die der „Vorsitzende des Landesverbands der Liberalen Vielfalt Berlin“, Eren Güvercin, der Frankfurter Rundschau von IPPEN.MEDIA zur Verfügung gestellt hat.
Der Beirat besteht aus fünf Religionsbeauftragten. Vorsitzender des Beirats ist der Präsident des Amtes für religiöse Angelegenheiten der Türkischen Republik (Anm. d. Red. „Diyanet“). „Zur Wahl stellen können sich nur vom Beirat vorgeschlagene Personen. Der Beirat hat für die Wahl eines Vorstandsmitgliedes zwei Kandidaten aufzustellen“, heißt es in dem Papier.
DITIB-Beirat besteht aus Beamten der türkischen Religionsbehörde
Hinter dem Beirat stehen Funktionäre der Religionsbehörde, bestätigt der wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einem Bericht über den rechtlichen Status der DITIB. „So besteht der Beirat, der an Entscheidungen über alle grundlegende Fragen des Verbands beteiligt werden muss und zumeist die endgültige Entscheidungsbefugnis hat, ausschließlich aus Diyanet-Funktionären.“ Beamte aus Ankara legen damit fest, von wem der deutsche Moscheeverband Ditib geleitet wird.
Ankara misstraut DITIB-Moscheegemeinden
Problematisch ist auch die Art und Weise, wie gewählt wird. „Der Wahlprozess ist so gestaltet, dass Beamte des türkischen Staates ein größeres Stimmgewicht haben als die zirka 900 Gemeinden der DITIB“, kritisiert Güvercin im Gespräch mit unserer Redaktion. Bei der Mitgliederversammlung der DITIB werde das beschlossen, was Ankara und seine Diyanet-Beamte wollten, und nicht das, was sich die Gemeinden der DITIB in Deutschland wünschten. „Die Art und Weise, wie der DITIB-Bundesvorstand bestimmt wird, zeigt uns in erster Linie, wie sehr Ankara und die Funktionäre der eigenen Basis und den eigenen Gemeinden misstrauen.“
Damit will die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan offenbar die Zügel auch in deutschen Moscheen in der Hand halten. „Diese Struktur ist auf politische Kontrolle ausgerichtet. Man muss mit dem Märchen aufräumen, dass es sich bei DITIB um eine Religionsgemeinschaft handelt“, empört sich Güvercin. Auf unsere Fragen zu den Vorstandswahlen am Sonntag weigerte sich die Ditib zu antworten.
DITIB weiterhin nicht politisch neutral
Die Ditib ist auch politisch nicht neutral zu sehen. Mehrere Abgeordnete der Regierungspartei AKP waren in den DITIB-Gemeinden und haben um die Stimmen der Auslandstürken geworben. Organisiert wurden diese Wahlkampftouren von der AKP-Lobbyorganisation UID. Nach eigenen Angaben hatte die UID mit der Ditib in den vergangenen anderthalb Jahren 670 gemeinsame Veranstaltungen organisiert. Das Auswärtige Amt sah sich gezwungen, den türkischen Botschafter einzubestellen und klarzustellen, dass ausländischer Wahlkampf in Deutschland der Genehmigung bedarf.
Nach dem Putschversuch am 15. Juli 2016 in der Türkei hatten mehrere Imame der DITIB-Gemeinden Informationen für den türkischen Geheimdienst MIT über Anhänger der sogenannten Gülen-Bewegung gesammelt. Der damalige DITIB-Generalsekretär Bekir Alboga hatte die Angelegenheit eingestanden und musste sich entschuldigen. Alboga nannte den Vorfall eine „Panne“. (Erkan Pehlivan)