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Wahlen in Montenegro: Zar Milo und sein Sieg mit Fragezeichen

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Von: Thomas Roser

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Trotz Unterstützung seiner Anhängerinnen und Anhänger hat Milo Djukanovic die 50-Prozent-Marke nicht erreicht.
Trotz Unterstützung seiner Anhängerinnen und Anhänger hat Milo Djukanovic die 50 %-Marke nicht erreicht. © Savo Prelevic/afp

Montenegros Präsident Milo Djukanovic bekam zwar die meisten Stimmen, muss aber in die Stichwahl. Ihm droht in der zweiten Wahlrunde die Abwahl.

Podgrica – Ausgelassene Sieger sehen anders aus. Mit süßsäuerlichem Lächeln dozierte Dauerregent Milo Djukanovic nach der ersten Runde von Montenegros Präsidentschaftskür langatmig über bisher ungenutzte Stimmenpotenziale, die er bis zur Stichwahl am 2. April erschließen werde: „Es gibt keinen Gegenkandidaten, den ich mir gewünscht habe. Jeder ist schwächer als ich. Ich bin bereit, zu gewinnen – gegen wen auch immer.“

„Djukanovic rennt eine Ehrenrunde“

Doch obwohl der Amtsinhaber im siebenköpfigen Kandidatenfeld mit 35,2 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang wie erwartet vorne lag, muss das 61-jährige Politfossil im Duell gegen seinen 37-jährigen Rivalen Jakov Milatovic (29,2 Prozent) die Abwahl fürchten. Der Grund: Der frühere Wirtschaftsminister und Kandidat der Bewegung „Europa Jetzt“ (ES) kann auf den Löwenanteil der Stimmen der vorzeitig gestrauchelten Kandidaten zählen. Er werde Djukanovic am 2. April „in die Rente schicken“, feierte der freudestrahlende Herausforderer unter dem Jubel seiner Anhängerinnen und Anhänger den Einzug in die Stichwahl: „Dies ist ein Sieg all derjenigen, die die Fackel der Freiheit 30 Jahre lang getragen haben.“

„Djukanovic rennt eine Ehrenrunde“, kommentierte die Zeitung „Vijesti“ in Podgorica zu Wochenbeginn spöttisch den Pyrrhussieg des Mannes, der seit über drei Jahrzehnten im Land der Schwarzen Berge die Karten austeilt. Tatsächlich macht „Zar Milo“ nicht nur sein gegenüber den Wahlen 2018, um über ein Drittel geschrumpfter Stimmenanteil zu schaffen. Weil sich die proeuropäischen Reformkräfte nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten hatten einigen können, hatte der angeschlagene Platzhirsch insgeheim auf das von Analysen erwartete Stichwahlduell mit dem serbischen Nationalisten Andrija Mandic gehofft: Gegen den prorussischen Mann Belgrads hätte Djukanovic trotz bröckelnden Ratings eine realistische Siegeschance gehabt.

Montenegro-Wahl mit Fragezeichen

Doch der Souverän machte dem gewieften Ränkeschmied an den Urnen einen Strich durch die Rechnung. Einerseits schnitt Mandic mit 19,2 Prozent der Stimmen schlechter ab als erwartet. Andererseits nahm der ebenfalls proeuropäische Aleksa Becic (10,9 Prozent) dem ES-Hoffnungsträger Milatovic weniger Stimmen ab als von Djukanovic erhofft.

Auch mit der von ihm kurz vor den Präsidentschaftswahlen verfügten Auflösung des Parlaments und der Ausschreibung vorzeitiger Neuwahlen am 11. Juni dürfte Strippenzieher Djukanovic die Front seiner Gegner kaum aufbrechen können. Sowohl der drittplatzierte Mandic als auch der viertplatzierte Becic haben ihre Anhängerinnen und Anhänger bereits dazu aufgerufen, in der Stichwahl für Milatovic zu stimmen.

Nachdem bereits die von Staatschef Milo Djukanovic geführte DPS bei der Parlamentswahl 2020 erstmals auf die Oppositionsbänke verbannt wurde, droht nun auch ihrem Vormann das Abstellgleis. Montenegro steht eine Zeitenwende, Djukanovic ungemütliche Zeiten bevor: Verliert der geschäftstüchtige „Pate“ seine Immunität, dürften ihm zudem neue Justizermittlungen wegen Machtmissbrauch und Korruption drohen.

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