Minister für religiöse Minderheiten ermordet

Der einzige christliche Minister in der Pakistanischen Regierung ist ermordet wurden. Shahbaz Bhatti hatte sich für eine Reform des umstrittenen Blasphemie-Gesetzes eingesetzt.
Pakistans Minister für religiöse Minderheiten ist am Mittwoch in der Hauptstadt Islamabad auf offener Straße ermordet worden. Wie pakistanische Medien berichteten, wurde Shahbaz Bhatti auf dem Weg zur Arbeit von bewaffneten Männern erschossen. Bhatti war der einzige Christ im Regierungskabinett. Er hatte sich für eine Reform des umstrittenen Blasphemie-Gesetzes eingesetzt, das Gotteslästerung unter Todesstrafe stellt. Der Sprecher des Shifa-Krankenhauses in der Hauptstadt Islamabad, Asmat Ullah Qureshi, bestätigte den Tod des Ministers. Nach Angaben der Polizei wurde Bhatti von mindestens zehn Kugeln getroffen.
Nach Angaben aus Geheimdienstkreisen hinterließen die Attentäter ein Flugblatt am Tatort, bevor sie die Flucht ergriffen. Darauf habe sich eine Taliban-Gruppe aus der Provinz Punjab („Tehrik Taliban Fidayan Mohammad Punjab“) zu der Tat bekannt, sagte ein Geheimdienstmitarbeiter, der anonym bleiben wollte. Weiter habe es auf dem Flugblatt geheißen, all jene, die Änderungen am Blasphemie-Gesetz forderten, würden getötet werden.
Bhatti hatte in den vergangenen Monaten bereits zahlreiche Todesdrohungen erhalten. Im Januar war bereits der einflussreiche Gouverneur der Punjab-Provinz, Salman Taseer, von seinem Leibwächter erschossen worden, weil er das Gesetz abschaffen wollte. Zudem hatte der Politiker die Christin Asia Bibi im Gefängnis besucht, die wegen angeblicher Gotteslästerung zum Tod am Galgen verurteilt worden war. Das Verfahren gegen den Mörder ist vorerst ausgesetzt, weil der Staatsanwalt aus Angst vor der Rache religiöser Fanatiker den Fall niedergelegt hat.
Menschenrechtler kritisieren seit langem, dass das Blashemie-Gesetz vor allem dazu dient, persönliche Streitigkeiten auszutragen. Es genügt in vielen Fällen ein bloßer Verdacht der Gotteslästerung, um einen Menschen für Monate ins Gefängnis zu bringen. In dem islamischen Land lebt eine kleine Minderheit von Christen und Hindus.
Vatikan verurteilt den Anschlag
Der Vatikan hat den Mord an dem Minderheiten-Minister Bhatti verurteilt. Der Leiter des vatikanischen Presseamts, Federico Lombardi, sprach von einer „neuen Gewalttat von schrecklicher Tragweite“. Die Tat zeige einmal mehr, wie gerechtfertigt die nachdrücklichen Interventionen des Papstes zur Gewalt gegen Christen und gegen die Religionsfreiheit insgesamt seien, sagte er am Mittwoch in einer mündlichen Erklärung vor Journalisten.
Bhatti war der erste Katholik, der das Amt des Ministers für Minderheiten in Pakistan bekleidete. Erst vergangenen September war er von Papst Benedikt XVI. in Audienz empfangen worden.
Pakistans Blasphemie-Gesetz ist international, aber auch in dem mehrheitlich muslimischen Land selbst umstrittenen. Islamisten halten es für ein von Gott gemachtes Gesetz, das daher nicht geändert werden darf. In seiner jetzigen Form wurde es 1986 von Militärdiktator Muhammad Zia ul-Haq eingeführt. Religiöse Minderheiten und liberale Muslime fordern einen besseren Schutz vor Missbrauch des Gesetzes. Minderheiten wie etwa Christen werden überproportional oft angeklagt.
Seit 2010 mehr als 1000 Anklagen wegen Blasphemie
Seit Einführung des Gesetzes kam es nach einer Statistik der christlichen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden (NCJP) mit Sitz im ostpakistanischen Lahore bis Ende 2010 zu 1072 Anklagen - in knapp 13 Prozent der Fälle waren Christen betroffen, die nach offiziellen Angaben nur knapp 1,6 Prozent der Bevölkerung stellen. Die meisten Anklagen wurden gegen Ahmadis erhoben, Angehörige einer Reformgemeinschaft. Sie sehen sich selber als Muslime, dürfen sich aber nach dem Gesetz nicht als solche bezeichnen. Das Blasphemie-Gesetz ist im pakistanischen Strafgesetzbuch verankert und umfasst vier Paragrafen mit verschiedenen Unterpunkten. Es verbietet generell die Beleidigung jeder Religion. Die schwersten Strafen können bei der Schändung des Koran (Paragraf 295-B, lebenslange Haft) und des Namens des Propheten Mohammed (295-C, Todesstrafe) verhängt werden. Zwar ist in Pakistan nie ein Todesurteil wegen Blasphemie vollstreckt worden, mehrere Angeklagte wurden aber nach ihrer Freilassung gelyncht. (epd/dpa)