Baerbock kontert Merz: „Feministische Außenpolitik ist kein Gedöns“
Im Zeichen des Ukraine-Krieges debattiert der Bundestag über den Haushalt der Regierung. Hauptthema ist das 100-Mrd.-Paket für die Bundeswehr.
- In der ersten Generaldebatte seit der Bundestagswahl 2021 spricht Bundeskanzler Olaf Scholz* (SPD*) düber den Haushalt.
- Die drängenden Themen bei der Generaldebatte sind der Ukraine-Konflikt* und die Corona-Pandemie.
- Den Auftakt macht Friedrich Merz* (CDU*), Vorsitzender der CDU und Oppositionsführer im Bundestag.
Mit Außenministerin Baerbock endet dieser Live-Ticker.

+++ 13.00 Uhr: Außenministerin Annalena Baerbock spricht über die Handlungsoptionen im Ukraine-Krieg und legt das politische Handeln bezüglich der Unterbringung Geflüchteter dar. Deutschland sei einer der „größten Waffenlieferer in dieser Situation“ - und das sei nichts, „worauf wir stolz sind“. Deutschland hätte eine „Zeitenwende“ gemacht, und es gehe darum, auf „der Höhe der Zeit“ Politik zu ändern. Die „Höhe der Zeit“ bedeute Zusammenhalt in der Nato, entsprechend habe sich die Grüne Haltung auch in Sachen Rüstung geändert.
Baerbock reagiert auf den Vorwurf der „feministischen Außenpolitik“. Sie verweist auf Vergewaltigung als Kriegswaffe, und deshalb gehöre zu einer Außenpolitik auch ein feministischer Blick, das sei „kein Gedöns“. Das liege aber nicht im Widerspruch zu den 100 Milliarden. Man müsse nun zusammen stehen für Freiheit und Frieden in Europa.
Generaldebatte: Bär wettert gegen Familienpolitik der Ampel und die Verteidigungsministerin
+++ 11.40 Uhr: Dorothee Bär von der CSU wettert gegen die Ampel-Regierung. Zunächst macht sie sich über die Bedankerei von Kanzler Scholz lustig, um dann darauf hinzuweisen, dass er sich nicht bei allen bedankt habe. Bspw. nicht bei der Familienministerin Anne Spiegel. Um Frauen und Kinder werde sich nicht gekümmert, was angesichts der Flüchtenden aus der Ukraine besonders wichtig sei.
Dann wundert sie sich, dass der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk* Kanzler Scholz nicht als wichtigsten Ansprechpartner genannt habe. Wo er doch von Teilen der Medien und des Parlaments „beleidigt“ werde. Auch die Verteidigungsministerin wird erwähnt, die nämlich „blamiert sich in Brüssel.“
Generaldebatte: Claudia Roth plädiert für „Kultur und Nachhaltigkeit“
+++ 11.30 Uhr: Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien, ist die nächste Rednerin. Jetzt müsse die „Kultur der Demokratie gestärkt“ werden. Daher sei „Kulturpolitik auch Sicherheitspolitik“. Es müsse sich angesichts des Ukraine-Kriegs um die Meinungsfreiheit und Vielfalt gekümmert werden. Roth spricht „Demokratinnen und Demokraten“ an, womit sie die AfD wohl nicht mitmeint. Die Kultur müsse als „offener Raum“ begriffen werden, in dem Menschen angstfrei ihre Stimme erheben könnten.
Sie bedankt sich für den Etat, da die Mittel für Kultur angehoben worden seien. Auch, um für Klima und gegen Rechtsextremismus weiter vorzugehen. „Kultur und Nachaltigkeit, Freiheit und Vielfach“ seien die relevanten Themen.
Generaldebatte: Gauland plädiert für Neutralität
+++ 11.20 Uhr: Alexander Gauland spricht für die AfD. Die Regierung haben mit dem 100 Milliarden in puncto Sicherheit „schnell gelernt“. Dann beschwört er: „Man soll niemals eine Großmacht demütigen.“ 1989 habe man das getan und eine „Weltmacht gedemütigt. Ein Frieden sei ohne das „größte Land Europas“ nicht möglich. Dem Bundeskanzler sei er dankbar, „dass wir nicht Teil des Krieges“ seien. Deutschland müsse auf „Neutralität und Friede“ beharren.
„Eine neutrale und demilitarisierte Ukraine“ werde das Ergebnis sein, so Gauland. Pragmatisches handeln bleibe „oberstes Gebot“.
+++ 11.10 Uhr: FDP-Fraktionschef Christian Dürr rechtfertigt die 100 Mrd. für die Bundeswehr. „Die Vernachlässigung der Truppe war ein historischer Fehler, und diesen historischen Fehler wird diese Regierungskoalition jetzt korrigieren.“ Weitere Abstriche bei der Einsatzfähigkeit könnten nicht zugelassen werden. Dies sei man den Soldatinnen und Soldaten schuldig. In der dramatischen Sicherheitssituation des Ukraine-Krieges müsse man hinter ihnen stehen.

Daher sei es auch richtig, dass die Koalition mit einem Tabu gebrochen habe und Deutschland Waffen in ein Konfliktgebiet liefere. Zugleich sei die geopolitische Stärke Deutschlands und des Westens die wirtschaftliche Stärke. Daher müssten Sanktionen gegen Russland aufrechterhalten und gegebenenfalls auch verschärft werden können.
Generaldebatte: Der Linke Bartsch wirft Ampel Doppelmoral vor
+++ 11.00 Uhr: Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg spricht der Ampel-Regierung in zentralen Politikbereichen die Handlungsfähigkeit ab. In der Debatte über die Impfpflicht habe er kein Handeln der Regierung feststellen können. Hingegen spricht SPD-Fraktionsvorsitzender Rolf Mützenich in erster Linie über den Ukraine-Krieg. Dennoch brauche es Antworten für den Planeten und für Europa.
+++ 10.15 Uhr: Dietmar Bartsch von der Linken greift zunächst die Ampel an, die nach der Rede des ukrainischen Präsidenten Selenskyj im Bundestag geschwiegen habe. Den Grünen wirft er Doppelmoral vor angesichts des Plans, sich künftig Energie aus Katar liefern zu lassen. Baerbock habe Katar vor kurzem noch die WM wegnehmen wollen. Auch habe die Ampel bislang nicht für Entlastung bei den kleinen und mittleren Einkommen gesorgt. Es ginge nicht um Maßnahmen, sondern um die Kaufkraft.
Bartsch kündigt Widerstand in Sachen 100 Mrd.-Sondervermögen an. Die Linke stehe für Abrüstung, außerdem gehe es bei diesem Betrag um die Schlagzeile - ein Sondervermögen „humanitäre Hilfe“ stünde nicht im Etat. „Komischerweise“ gebe es auch nicht genug Geld für die Kindergrundsicherung. 20 Euro seien viel zu wenig. Die Schulden der Bundeswehr sei die „Streichung bei den kleinen Leuten“.
Generaldebatte im Bundestag: Grüne Dröge grreift Merz an
+++ 10.10 Uhr: Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge ruft dazu auf, über die Gräueltat im Krieg in der Ukraine zu sprechen. „Es ist unser aller Aufgabe, über die Wahrheit in diesem Krieg zu sprechen - auch wenn sie kaum auszuhalten ist, auch wenn die Bilder, die Geschichten, die wir über diesen Krieg erfahren, so unerträglich sind, dass man kaum darüber sprechen kann», so Dröge. „Die Welt muss die Wahrheit wissen - denn nichts fürchtet Putin mehr.“
Dröge wirft Friedrich Merz eine völlig unangemessene Rede zu den Reaktionen der Regierung auf den Angriff auf die Ukraine vor. „Es hat mich erschüttert, dass Sie es geschafft haben, so lange an diesem Rednerpult zu stehen und keinen einzigen Satz über die Situation der Menschen in der Ukraine zu verlieren.“
Generaldebatte im Bundestag: AfD-Chef fordert „Vaterlandsliebe“
+++ 10.00 Uhr: Als Nächstes kommt Tino Chrupalla, AfD-Chef*. Er spricht von einem „gespaltenen Deutschland“, von „frierenden Deutschen“ – daran sei der Kanzler schuld. Was Scholz eigentlich an Zielen habe, werde nicht klar, und überhaupt seien die Debatten „ideologisch verblendet“. Von einem „Strukturwandel“ hätten die Ostdeutschen sowieso nichts.
„Ja, es sei wichtig, über Naturschutz zu reden“, aber „das Wohlergehen der Menschen“ müsse Priorität haben. Dann das Thema „innere Sicherheit“: Kriegsgeflüchtete müssten registriert werden. Und zur Ukraine: Deutschland dürfe sich nicht in einen Krieg hineinziehen lassen. Eine Sanktion Russlands lehnt Chrupalla im Namen der AfD ab, auch spricht er sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine aus. Dadurch würde „Blut an den Händen der Deutschen“ kleben. Die Bundeswehr gehöre zu Deutschland, aber 100 Milliarden würde die Lage nicht verbessern, diese brauche „Menschen, die ihr Vaterland verteidigen wollen“. Was die Bundeswehr brauche, sei Vaterlandsliebe.
Generaldebatte im Bundestag: Scholz - auf Energielieferungen aus Russland könne man nicht verzichten
+++ 09.40 Uhr: Scholz kommt zum Thema „erneuerbare Energien“ zu besprechen und bedankt sich bei Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Er sieht kurzfristig keine Möglichkeit, auf Energielieferungen aus Russland zu verzichten. Dennoch wolle Deutschland langfristig seine Abhängigkeit von Öl, Gas und Kohle aus Russland beenden. „Das aber von einem Tag auf den anderen zu tun, hieße, unser Land und ganz Europa in eine Rezession zu stürzen“, warnt er. „Hunderttausende Arbeitsplätze wären in Gefahr. Ganze Industriezweige stünden auf der Kippe.“ Man wolle Bewegung in die internationale Klimapolitik bringen und dort keine Abstiche machen.
Auf klare Distanz geht er zu dem Vorschlag von Lindner für einen Tankrabatt. „Ein Aushebeln von Marktmechanismen oder Dauersubventionen gerade auf fossile Energie wird es nicht geben“, sagt Scholz direkt an Lindner gewandt. Dies wäre fiskalisch nicht durchzuhalten und „ökologisch ein völlig falscher Anreiz“.
Generaldebatte im Bundestag: Scholz fordert Corona-Impfpflicht
Die Corona-Pandemie belaste nach wie vor die Bürgerinnen und Bürger. Deutschland sei besser durch die Krise gekommen, als „viele andere Länder“. In diesem Zusammenhang wirbt Scholz für die Corona-Impfpflicht und garantiert, auch weiterhin die Folgen der Pandemie abfedern zu wollen. Auch warnte er vor einer drohenden neuen Welle im Herbst: „Um ein solches Déjà-vu zu vermeiden, brauchen wir die Impfnachweispflicht.“
Generaldebatte im Bundestag: Kanzler Scholz bedankt sich bei CDU-Chef Merz
+++ 09.30 Uhr: Auch bei Christian Lindner bedankt sich der Kanzler, und er betont, dass Deutschland mehr in die eigene Verteidigung investieren müsse. Er bedankt sich bei Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, die an der Ausgestaltung des 100-Mrd.-Sondervermögens arbeite. Und bedankt sich noch bei CDU-Chef Merz, den er und seine Fraktion schließlich für das 100-Milliarden-Paket braucht. Dann formuliert er vier Punkte, auf die sich das Sondervermögen stützen soll. Über die Ausgestaltung müsse man in Ruhe reden.
- Alle Investitionen kämen der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit zugute
- Langfristige Planungssicherheit soll geschaffen werden
- Tragfähigkeit werde im Blick behalten
- Überfällige Transformation der Verteidigung soll nicht zuungunsten anderer Posten geschehen, wie Bildung, Klimawandel, Digitalisierung, Pandemie.
+++ 09.20 Uhr: Als Nächstes spricht Bundeskanzler Olaf Scholz. Zunächst richtet er sein Wort an die Ukraine im Krieg, lobt Außenministerin Annalena Baerbock und erklärt die Strategie der Ampel. Und noch einmal stellt er klar: Ein Eingreifen der Nato* werde es nicht geben: „Die Nato wird nicht Kriegspartei.“ Das sei ein Gebot der Vernunft.
In Bezug auf Sanktionen betont Scholz, dass eine Sanktionsmaßnahme nicht mehr Schäden im eigenen Land anrichten dürfe, als in Russland*. Man bemühe sich auf dem Energiesektor, die Abhängigkeit von Putins Gas und Öl schnell aus der Welt zu schaffen. Auch bei Innenministerin Nacy Feaser bedankt sich Scholz, weil sie die Geflüchtetenfrage so gut anpacke. Die Geflüchteten seien „willkommen“.
Generaldebatte im Bundestag: Merz wettert gegen „feministische Außenpolitik“
+++ 09.16 Uhr: Oppositionsführer Friedrich Merz startet die Generaldebatte mit einem Angriff auf die Ampelregierung und bemängelt: Keiner habe im Plenum einen Tag zuvor von den 2 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt als Nato-Beitrag gesprochen. Thema sind die 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr. Konkret greift er zunächst die FDP an in Gestalt von Marie-Agnes Strack-Zimmermann (Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages) an, die ihm durch Zwischenruf aufgefallen ist: „Frau Strack-Zimmermann, Sie sind zu einer gewissen Zurückhaltung verpflichtet.“
Merz stellt zunächst konkrete Bedingungen, von denen er die Zustimmung der Union für eine Grundgesetzänderung abhängig macht:
- 2 Prozent BIP müssten jenseits der 100 Milliarden gewährleistet sein
- Die Ausgaben dürfen nur, „und für nichts anderes“, für die Bundeswehr verwendet werden - und nicht für „feministische Außenpolitik“
- 2 Prozent des BIP müssten dauerhaft für die Nato gewährleistet sein
- Die Union will wissen, wofür konkret das geld ausgegeben wird - es werde kein „100-Mrd.-Blanko-scheck“ erteilt
- Das Beschaffungswesen der Bundeswehr in Koblenz müsse verändert werden
- Merz erwartet einen Tilgungsplan für das Sondervermögen, da die Überschreitung der Schuldungsobergrenze nicht der Verfassung entspreche
- „Wir sind nicht die Mehrheitsbeschaffer“ - Oppositionsführer Friedrich Merz liefert eine Kampfansage an die Regierung. Blankoschecks würden nicht verteilt, man sei auch nicht der „Auswechselspeiler auf der Ersatzbank“.
Generaldebatte im Bundestag: Etat des Bundeskanzlers Olaf Scholz auf dem Prüfstand
Erstmeldung vom Mittwoch, 23.03.2022, 08.45 Uhr: Berlin - Die Politik der Ampel-Regierung steht am heutigen Mittwoch im Bundestag auf dem Prüfstand. In der Generaldebatte wird über den Etat des Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) im Kontext der Haushaltsberatungen diskutiert. Die Generaldebatte ist der Höhepunkt der viertägigen ersten Beratung des Bundeshaushalts 2022.
Bundesfinanzminister Christian Lindner* (FDP) brachte bereits am Dienstag (22.03.2022) seine Pläne ins Parlament ein. Er warb für seinen Etatplan, der von vielen „Unsicherheiten“ geprägt sei. Angesichts des Ukraine-Konflikts und der anhaltenden Corona-Pandemie sei die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands schlecht abzuwägen. Entsprechend sei „eine passende Antwort der staatlichen Fiskalpolitik“ umso wichtiger. Ziel der Bundesregierung sei es, das Wachstum zu stärken und zugleich den Inflationsrisiken entgegenzuwirken.
Generaldebatte im Zeichen des Ukraine-Krieges
Die Generaldebatte ist auf vier Stunden angesetzt, wobei die Debatte über den Etat des Kanzleramts traditionell den Charakter einer Generalaussprache über die Politik der Regierung hat. Als Chef der größten Oppositionsfraktion wird der CDU-Politiker Friedrich Merz die Aussprache eröffnen. Nach ihm spricht Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Auch alle anderen Fraktionsvorsitzenden wollen das Wort ergreifen.
Der Etat des Kanzleramtes sieht in diesem Jahr Ausgaben von 3,7 Milliarden Euro vor, das ist im Vergleich zum Vorjahr ein Rückgang um 14,3 Prozent. Ebenfalls diskutiert werden am Mittwoch die Einzeletats für das Auswärtige Amt (13.00 Uhr), das Verteidigungsministerium (14.45 Uhr) und das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (16.30 Uhr). (ktho/AFP)