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Mehr Straftaten gegen Sinti und Roma

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Von: Pitt von Bebenburg

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Die Linken-Bundestagsabgeordnete Petra Pau fordert Bund und Länder auf, konkrete Vorschläge zur Bekämpfung von Vorurteilen gegenüber Sinti und Roma zu machen.
Die Linken-Bundestagsabgeordnete Petra Pau fordert Bund und Länder auf, konkrete Vorschläge zur Bekämpfung von Vorurteilen gegenüber Sinti und Roma zu machen. © Fabian Sommer/dpa

Der Bund zählt für 2022 mindestens 145 antiziganistische Delikte, davon viele in Berlin - und zwölf in Hessen.

Angehörige der Sinti und Roma sind in Deutschland mit zunehmenden Anfeindungen konfrontiert. Das geht aus den Antworten des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken hervor, die der Frankfurter Rundschau vorliegen. Danach wurden im Jahr 2022 mindestens 145 antiziganistische Straftaten registriert, darunter Beleidigungen, Bedrohungen, Volksverhetzung und Körperverletzungen. Es ist der höchste Stand, seit diese Tatbestände 2017 erstmals eigens in der Statistik ausgewiesen wurden.

Dem Innenministerium in Berlin zufolge waren von den 145 Straftaten zwölf Gewaltdelikte. Insgesamt wurden 159 Tatverdächtige ermittelt. „Der ungebrochene Anstieg von Straf- und Gewalttaten gegen Sinti und Roma ist bedrückend“, sagte die Linken-Bundestagsabgeordnete Petra Pau der FR. Der neue Höchststand zeige, dass dringender Handlungsbedarf für die Politik bestehe.

2021 waren nach Angaben der Bundesregierung 122 antiziganistische Straftaten verübt worden. In den Vorjahren waren es ebenfalls weniger dieser Delikte als 2022, allerdings zum Teil schwerere. Im Jahr 2019 waren erstmals zwei versuchte Tötungsdelikte mit antiziganistischer Motivation erfasst worden. 2022 wurden insgesamt elf Personen verletzt, Getötete waren nicht zu beklagen. Die Zahlen sind aber nicht endgültig, sie können durch Nachmeldungen der Behörden noch steigen.

Auffällig ist die Häufung der Fälle in der Bundeshauptstadt Berlin. Dort wurden 27 antiziganistische Straftaten im Jahr 2022 von der Polizei festgehalten, von Beleidigungen über Volksverhetzung bis zur Körperverletzung. In Hessen wurden insgesamt zwölf einschlägige Delikte registriert, davon sechs in Frankfurt und je eine in Offenbach, Wiesbaden, Flörsheim, Seligenstadt, Biedenkopf und dem nordhessischen Gudensberg.

Zwei davon waren Gewalttaten: In Offenbach wurde ein Asylbewerber Mitte November 2022 Opfer einer gefährlichen Körperverletzung mit antiziganistischer Motivation. Ein Tatverdächtiger konnte nicht ausgemacht werden. In Frankfurt wurde eine Person im Januar 2022 angegriffen; hier wurde ein Tatverdächtiger ermittelt, der aus einem rechtsextremen Motiv gehandelt haben soll.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte jüngst darauf aufmerksam gemacht, dass es vermutlich ein erhebliches Dunkelfeld bei Straftaten gegen Sinti und Roma gebe. „Wir müssen alles daransetzen, diese Straftaten ebenso wie auch Angriffe unterhalb der Strafbarkeitsgrenze zu verhindern. Die Polizei muss Antiziganismus erkennen, erfassen und entschlossen bekämpfen“, sagte sie am Holocaust-Gedenktag am Rande einer Veranstaltung, bei der der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma eine Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt vereinbarten.

Auch für den Zentralrat Deutscher Sinti und Roma ist es wichtig, dass antiziganistische Straftaten energisch bekämpft werden. Der Zentralrat begrüßte die jüngste Entscheidung des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten, das einen 56-jährigen Mann wegen seiner rassistischen Hassreden zu zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt und die antiziganistische Motivation des Täters ausdrücklich benannt hatte. Der Täter hatte zwischen Oktober 2020 und Juli 2021 Hassnachrichten an den Zentralrat geschickt und nicht nur die Verfolgung der Sinti und Roma im Nationalsozialismus befürwortet, sondern ein ähnliches Vorgehen auch in heutigen Zeiten gefordert.

Die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr erstmals einen Antiziganismus-Beauftragten berufen, den nordrhein-westfälischen Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler. Die Linken-Abgeordnete Pau begrüßte seine Ernennung. Angesichts der Straftaten-Bilanz fügte sie hinzu: „Jetzt erwarte ich konkrete Vorschläge von Bund und Ländern, wie Vorurteilen begegnet und die Menschen besser geschützt werden können.“

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