Unternehmen McKinsey übt wesentlichen Einfluss auf Münchner Sicherheitskonferenz aus

An diesem Wochenende findet die Münchner Sicherheitskonferenz statt. Über die Jahre hat der Einfluss des Unternehmens McKinsey auf die Veranstaltung zugenommen.
München/Frankfurt – Im Bayerischen Hof in München findet die jährliche Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) statt. Zu den Teilnehmer:innen gehören unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, US-Vizepräsidentin Kamala Harris sowie Präsidentin der Europäischen Kommissio Ursula von der Leyen. Maßgeblichen Einfluss auf das Treffen sollen jedoch nicht etwa die Gäste selbst üben, sondern die Beratungsfirma McKinsey.
Wie die US-amerikanische Tageszeitung Politico berichtet, hat die Firma laut aktuellen und ehemaligen Mitarbeiter:innen und internen Dokumenten, die Politico einsehen konnte, Einfluss auf die Agenda der Konferenz genommen – angefangen vom Schwerpunkt des Hauptberichts über das Programm der Veranstaltung bis hin zu den Gästelisten.
Münchner Sicherheitskonferenz: Schwerpunkt des Berichts durch McKinsey zunehmend verlagert
Besonders heikel ist die Partnerschaft zwischen McKinsey und dem MSC in Hinblick auf den Skandal um Ursula von der Leyen, bei dem die damalige Verteidigungsministerin McKinsey für Aufträge in Millionenhöhe engagierte. Die Vorwürfe: Rechtswidriger Auftragsverfahren und mögliche Vetternwirtschaft. Von der Leyen soll auch maßgeblich zu McKinseys Beteiligung am MSC beigetragen haben.
Durch ihr großes Mitspracherecht als Verteidigungsministerin in der MSC und ihren Kontakten zu McKinsey blühte die Partnerschaft zwischen dem Unternehmen und dem MSC auf. McKinsey bot an, den analytischen Output der MSC mit seinen eigenen Ressourcen zu verstärken. Dies ermöglichte dem damaligen Leiter der Konferenz, Wolfgang Isching, die Umgestaltung der MSC voranzutreiben und ihre Relevanz in der europäischen Verteidigungsdebatte erheblich zu steigern. Wie aus internen Unterlagen hervorgeht, stieg die Zahl der Sponsoren von nur sechs im Jahr 2010 auf fast 30 im Jahr 2014 an. Die Beiträge stiegen auf mehr als 2 Millionen Euro.
Im Laufe der Jahre habe McKinsey versucht, den Schwerpunkt des Berichts auf Themen zu verlagern, die für die Kund:innen des Unternehmens relevant sind, von Cybersicherheit bis zu Drohnen. Das Unternehmen soll Miterarbeiter:innen monatelang zum MSC entsandt haben, um an Berichten mitzuwirken. Die Organisation habe sich dabei bemüht, das Ausmaß der Beteiligung von McKinsey zu verschleiern, berichten Personen, die dem MSC nahe stehen. Obwohl etwa der Name eines McKinsey-Beraters, Kai Wittek, als Mitglied des „Redaktionsteams“ aufgeführt ist, wurde seine Zugehörigkeit nicht erwähnt.
Münchner Sicherheitskonferenz und McKinsey seien lediglich „Wissenspartner“
In einer Erklärung behauptete die Münchner Sicherheitskonferenz, dass sie als „politisch unabhängige, überparteiliche Organisation allein für das Programm verantwortlich ist“. McKinsey beschrieb seine Zusammenarbeit mit dem MSC, der das Unternehmen als „Wissenspartner“ bezeichnet, als Anbieter von „öffentlich zugänglichen Fakten und Daten“ und Grafiken. Einfluss auf den Bericht oder seine Themen habe das Unternehmen dagegen nicht.
Doch die Einblicke in interne Dokumente und Berichte von Personen aus dem Umfeld der Konferenz zeigen, dass Ischinger und seine Zusammenarbeit mit McKinsey das Wesen der Konferenz maßgeblich geprägt haben. Der MSC verfügt mittlerweile über 100 Sponsoren, einschließlich McKinsey, und einem Jahresumsatz von mehr als 12 Millionen Euro. Damit gleicht die ursprünglich als fokussierte, seriöse und nicht-kommerzielle beschriebene Veranstaltung immer mehr dem Weltwirtschaftsforum Davos, bei dem Networking und Lobbyismus im Vordergrund stehen. (tt)