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Kritik an Scholz bei Maybrit Illner: „Seltsame und beunruhigende“ Politik im Ukraine-Krieg

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Von: Jendrik Walendy

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Bei Maybrit Illner im ZDF diskutieren Merz, Klingbeil und Co. über Waffenlieferungen in die Ukraine. Der Kurs von Scholz steht dabei deutlich in der Kritik.

Berlin – Zu Beginn der gestrigen Sendung von Maybrit Illner im ZDF ließ ein Einspieler nochmal die diversen Gründe Revue passieren, die Bundeskanzler Olaf Scholz in den vergangenen Monaten gegen die Lieferung von schweren Waffen in die Ukraine vorgebracht hatte. Insbesondere dessen Warnung vor einem dritten Weltkrieg durch die deutlichere Einmischung in den Konflikt wurde von den Gästen des Abends vor dem Hintergrund der nun doch beschlossenen Waffenlieferungen ausführlich diskutiert.

In einem vorab aufgezeichneten Gespräch zwischen Illner und Robert Habeck, erklärte dieser die Kritik am bisherigen, vorsichtigen Kurs der Regierung, mit den großen Erwartungen, die an Deutschland gestellt würden. Denn zum einen sei es ein sehr rüstungsstarkes Land und damit in der Lage, die benötigten Waffen zu liefern, zum anderen habe Deutschland in der jüngsten Vergangenheit einen sehr russlandfreundlichen Kurs in der Wirtschafts- und Energiepolitik gefahren. „Deswegen haben wir eine größere Bringschuld in der Erwartungshaltung der Ukrainer“, so der Vizekanzler.

Der Kurs von Olaf Scholz im Ukraine-Krieg steht stark in der Kritik. Bei Maybrit Illner im ZDF diskutierten die Gäste über den Weg zur Entscheidung über die Lieferung schwerer Waffen.
Der Kurs von Olaf Scholz im Ukraine-Krieg steht stark in der Kritik. Bei Maybrit Illner im ZDF diskutierten die Gäste über den Weg zur Entscheidung über die Lieferung schwerer Waffen. © ZDF

Der SPD-Parteivorsitzende Lars Klingbeil rechtfertigte das Zögern der Regierung mit Bedenken über die Reaktionen Putins, der „stellenweise nicht berechenbar“ sei und dem Hinweis, es sei „begrenzt, was wir an militärischem Gerät noch liefern können.“ Trotzdem seien die Lieferungen schon vor der Verkündung des Beschlusses vorbereitet worden, wobei „Wasserstandsmeldungen“ über noch offene Entscheidungsprozesse nicht hilfreich gewesen wären. Klingbeil unterstrich aber auch nochmal Scholz‘ Warnungen vor einem Weltkrieg: „Die Gefahr ist ja real da.“

Debatte über den Ukraine-Kurs von Scholz bei Maybrit Illner (ZDF): „Mit dem Rücken zur Wand“

Die Spiegel-Reporterin Melanie Amann hielt Klingbeil entgegen, es sei „schon seltsam und beunruhigend“, wie sich der Kurs der Bundesregierung so schnell geändert habe. Über Scholz Aussagen sagte sie: „Er hat den Kontext hergestellt: Schwere Waffen – Atomkrieg“ und bewertete das als „katastrophale Botschaft“ des Kanzlers. Den Grund für die neue Linie der Regierung sah Amann im enormen internationalen Druck, durch den der Bundeskanzler mit „dem Rücken zur Wand“ gestanden hätte. Scholz sei dadurch gezwungen gewesen, „seine Position der Realität anzupassen“, statt voranzugehen, wie er es für seine Regierungszeit eigentlich versprochen habe.

Was sich an diesem Abend schnell abzeichnete, war eine generelle Übereinstimmung der Gäste in Bezug auf die Ziele in diesem Konflikt und auch eine Einigkeit über den nun eingeschlagenen Weg der Bundesregierung. So beschränkte sich die Kritik des CDU-Parteivorsitzenden Friedrich Merz lediglich auf die „Entstehungsgeschichte“ des gemeinsam mit der Regierungskoalition eingebrachten Antrags, was wie eine leere Geste in seiner Rolle als Oppositionsführer wirkte. Auch sein Angriff auf Klingbeil, weil dieser sich auf die doch geheimen Beratungen des Sicherheitsrats beziehe, wirkten wenig überzeugend und wurden von dem SPD-Politiker sofort mit dem Hinweis entkräftet, dass er auf die allgemein bekannten Ergebnisse dieser Beratungen verwiesen hätte.

Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine: Diskussion bei Maybrit Illner im ZDF

Die Russland- und Osteuropaexpertin Sabine Fischer stellte in ihren klugen Beiträgen die von der Politik bemühte Rhetorik von Sieg und Niederlage infrage und sagte, man müsse schauen, was Russland erreichen könne und was die Ukraine, um produktive Auswege aus dem Konflikt zu finden. Sie verwies zudem darauf, dass die Diplomatie sehr in den Hintergrund geraten sei, die jeweilige Position in den Kampfhandlungen aber vor allem als Verhandlungsposition relevant werde.

Gegen Ende der Sendung schaltete Illner noch zu einem weiteren Gast. Der ehemalige Oberkommandierende des US-Heeres, Ben Hodges, gab einen Einblick in die Abwicklung der Waffenlieferungen, deren komplizierte Logistik er als „Achillesferse der gesamten Operation“ bezeichnete. Er betonte außerdem, wie wichtig es sei, dass die Entscheidung über die Lieferung der schweren Waffen in die Ukraine nun gefällt wurde und sagte zugleich, Deutschland erhalte „nicht die Anerkennung für das, was es schon getan hat.“ Ein Ziel der „Alliierten“, wie die Länder, die sich gegen die russische Aggression engagieren, an diesem Abend wiederholt genannt wurden, müsse die nachhaltige Schwächung Russlands sein. Nur so könnten ähnliche Angriffe auf Nachbarländer in Zukunft verhindert werden, denn „es geht um mehr als die Ukraine; es geht um alle in der Peripherie Russlands“, so Hodges. (Jendrik Walendy)

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