Massenexodus aus Russland – Tausende fliehen vor Putin

Die russische Invasion hat zahlreiche Menschen zur Flucht bewegt. Dass sie jemals wieder nach Russland zurückkehren, ist unwahrscheinlich.
Moskau/Frankfurt – Seit Beginn des Ukraine-Kriegs haben Tausende Menschen die Flucht ergriffen. Darunter auch zahlreiche Russen und Russinnen: Sie befürchten offenbar, dass der Kreml die Grenzen schließt und das Kriegsrecht verhängt. Wie die Washington Post berichtet, sollen ersten Daten zufolge mindestens 500.000, vielleicht sogar fast eine Million Menschen das Land seit Beginn der Invasion in der Ukraine verlassen haben.
Einige flohen in nahe gelegene Länder wie Armenien und Kasachstan, andere nach Finnland, in die baltischen Staaten oder in andere europäische Länder. Einige zog es weiter weg, in die Vereinigten Arabischen Emirate, nach Israel, Thailand oder Argentinien. Das russische Parlament berät über Möglichkeiten, um sie nun zurückzuholen.
Exodus aus Russland: „Die Schicht, die im Land etwas hätte verändern können, ist nun weggespült worden.“
Es werde über Anreize verhandelt, welche die Russ:innen zur Rückkehr bewegen sollen, so die Washington Post. Darüber hinaus berate sich das Parlament aber auch über Strafen für die Ausgereisten. Es könnte etwa ihnen etwa ihr Vermögen in der Heimat entzogen werden. „Dieser Exodus ist ein schrecklicher Schlag für Russland“, sagte Tamara Eidelman, eine russische Historikerin, die nach der Invasion nach Portugal zog. „Die Schicht, die im Land etwas hätte verändern können, ist nun weggespült worden.“
Während die ukrainischen Geflüchteten herzlich empfangen wurden, hatten es die russischen Ausgereisten dagegen deutlich schwerer: Man war sich unsicher, ob sie Feinde und Freunde sind. Doch auch Russ:innen litten unter dem Putin-Regime und der russischen Invasion. „Wir sind aus demselben Grund gegangen wie alle anderen auch: Für mich und vor allem für meine Familie bestand plötzlich eine echte Gefahr im Land“, betonte ein russischer Geflüchteter gegenüber der Washington Post.
Exodus aus Russland: Auslandsgemeinschaften werden vergrößert und neu geschaffen
Die enorme Abwanderung hat die bestehenden russischen Auslandsgemeinschaften in der ganzen Welt vergrößert und neue geschaffen. In Armeniens Hauptstadt Jerewan, die Tausende von IT-Arbeitern und Familien aus ganz Russland angezogen hat, wurden etwa neue Schulen, Bars, Cafés und solide Unterstützungsnetze aufgebaut.
Ob die Ausgereisten jemals wieder in ihre Heimat zurückkehren, ist unklar. Die Historikerin Eidelmann betonte, je länger der Krieg dauert, desto tiefer seien die Narben. „Jeder zusätzliche Monat führt dazu, dass sich die Menschen an ein anderes Land gewöhnen“, sagte sie. „Sie bekommen dort einen Job, ihre Kinder gehen zur Schule, sie beginnen eine andere Sprache zu sprechen. Je länger der Krieg andauert, je länger die Diktatur im Land anhält, desto weniger Menschen werden zurückkehren“. (tt)